| Lesung Nach der Übersetzung von Claire von Glümer
 Sprecher: Markus Hoffmann
 Regie: Dirk Schwibbert, Aufnahme: Mainland Media, Berlin - Florian Gehlen
      Argon-Hörbuch, Argon Verlag, Berlin 2004, 1 CD, Laufzeit: etwa 66 Minuten
 
        
                                                                                
        
        (Rezensiert, entsprechend dem Gästebuch-Eintrag von Dirk S.)        
        
        
 Eines Abends spielte man bei Narumow Karten. Die Spieler, zumeist 
        reiche Offiziere,  unterhielten sich über ihre Erfolge und 
        Misserfolge beim Spiel. Und alle wunderten sich über Hermann, den jungen 
        Pionieroffizier (Genieoffizier, Ingenieuroffizier - das kommt auf die 
        jeweilige Übersetzung an), der den Spielern zwar stets gierig zusah, 
        aber selbst nie eine Karte in die Hand nahm. Seine Begründung: Er sei 
        nicht in der Lage, "das Notwendige zu wagen, um vielleicht das 
        Überflüssige zu gewinnen".
        Der Russe Hermann - "mit 
        dem Profil Napoleons und der Seele Mephistos" -
         ist deutscher Abstammung und 
        ständiger Gast in den Spielsalons der 
        Petersburger Gesellschaft. Eines 
        Tages hört er vom Grafen Tomskij eine geheimnisvolle Geschichte, die ihn 
        nicht mehr loslässt: Dessen Großmutter, die betagte Gräfin Feodorowna, 
        damals um die dreißig, hatte in Paris in sechs Monaten eine halbe 
        Million an einen Herzog verspielt. Weil sich ihr Mann hartnäckig 
        weigerte, ihre Spielschulden zu begleichen, wandte sie sich an den als 
        Mystiker bekannten Grafen Saint-Germain. Der meinte, wenn er ihr das Geld 
        leihe, würde sie noch mehr Schulden haben, sie solle es lieber 
        zurückgewinnen. Und er nannte ihr drei Karten. Sie seien unfehlbar, 
        versicherte er ihr. Tatsächlich: Die Gräfin gewann ihr ganzes Geld 
        zurück. Hermann - der junge Bürgerliche mit dem skrupellosen 
        Aufstiegsstreben und seiner maßlosen Geldgier, für den  die drei 
        Karten bisher Sparsamkeit, Mäßigung und Arbeit hießen - will das Geheimnis der 
        drei Glückskarten erfahren. Um jeden Preis! Deshalb gaukelt er Lisa 
        Iwanowna, der Gesellschafterin der siebenundachtzigjährigen Gräfin, 
        Liebe vor und gelangt dadurch in das Haus und in das gräfliche 
        Schlafzimmer. Bevor er sich bemerkbar macht, wird er Zeuge der 
        abstoßenden Entkleidung der alten Dame - satirisches Symbol einer 
        untergegangenen Zeit? Trotz flehentlicher Bitten, ihm das 
        Kartengeheimnis anzuvertrauen, schweigt die Grande Dame - geizig, 
        engherzig, egoistisch geworden. Da zieht das über die Maßen enttäuschte 
        Spielerherz eine Pistole, die alte Frau stirbt vor Schreck. Hermann, 
        eiskalt, geht zu seiner angeblich Angebeteten und teilt ihr mit, welchem 
        Ziel sein Liebesgeplänkel diente, und dass die Gräfin tot sei. Lisa ist 
        in ihren Gefühlen zutiefst gekränkt, Hermann mit seinem kalten Herzen 
        ist ohne Reue. Eine abergläubische Stimmung lässt ihn am Begräbnis 
        teilnehmen, wo ihm die aufgebahrte Gräfin zuzublinzeln scheint. In der 
        folgenden Nacht sagt ihm im Traum die Gräfin  - im weißen Kleid mit 
        Pantoffeln an den Füßen - die geheimnisvollen Karten: Drei, Sieben und 
        As. Sie macht zur Bedingung für einen Gewinn, dass er nur alle 
        vierundzwanzig Stunden eine Karte setzt, danach nie mehr spielt und: 
        Lisa heiratet. An drei aufeinander folgenden Tagen setzt Hermann 
        nacheinander auf die drei Karten und gewinnt - zweimal. Am dritten Tag 
        aber blinzelt ihm statt des von ihm gesetzten As die Pique Dame (Sie 
        bedeutet nach einem neuesten Traumbuch heimliches Übelwollen.) höhnisch zu.
 
 Hermann wird wahnsinnig. Bald schon wird er im Zimmer einer 
        Irrenanstalt sitzen, auf keinerlei Fragen antworten und hintereinander 
        ungewöhnlich schnell murmeln: Drei, Sieben, As! Drei, Sieben, Dame!
 
 Pique Dame war 1834 von dem Petersburger Literaturpapst Bulgarin in 
        dessen Zeitung "Sewernaja Ptschela" 
        [Nordische Biene] verrissen worden...
 
 Alexander Sergejewitsch Puschkin (1799-1837) war in seinen letzten 
        Lebensjahren kein echter literarischer Erfolg mehr vergönnt. Nicht nur 
        seine Feinde verbreiteten, dass er sich ausgeschrieben habe. Reinhard 
        Lauer, Professor für Slawische Philologie an der Georg- 
        August-Universität in Göttingen, schreibt in seiner "Kleinen Geschichte 
        der russischen Literatur": "Dies mag, zusammen mit familiären Wirren, 
        seiner riesigen Schuldenlast und schauderlichen Intrigen aus dem Umkreis 
        des Hofes zu seiner Bereitschaft geführt haben, sich dem Duell, einem Gottesgericht, auszusetzen."
 
 Die zwischen Wirklichkeit und Phantastik schwankende Spielernovelle
        Pique Dame erschien 1834, drei Jahre vor Puschkins Duelltod, da 
        war der berühmte Dichter achtunddreißig Jahre alt. Die Erzählung verrät 
        deutlich den Einfluss E. T. A. Hoffmanns. Wegen ihres phantastischen 
        Sujets nimmt sie eine besondere Stellung in Puschkins Erzählwerk ein. 
        Aber "die wohl berühmteste Erzählung" - wie der Argon-Hörverlag auf seiner CD-Hülle meint - war sie nicht, in Städtkes 
        "Russischer Literaturgeschichte" 
        ist sie nicht einmal erwähnt. Puschkin notierte (am 7. April 1834) in 
        seinem Tagebuch: "Meine `Pique Dame´ ist groß in Mode. Die Spieler 
        setzen auf Drei, Sieben und As. Bei Hofe fand man eine Ähnlichkeit 
        zwischen der alten Gräfin und Fürstin Natalija Petrovna und ist, wie es 
        scheint, nicht böse."
 
 Mir gefällt sehr, dass der Argon-Hörverlag Einzel-CD´s u. a. auch von 
        russischen klassischen Autoren herausbringt. Eine tolle Geschichte - 
        hier ein klassischer "Thriller" -, ein wunderbarer Sprecher, eine 
        verführerische Gestaltung der CD-Hülle - hier von Bauer + Möhring unter 
        Verwendung eines Gemäldes von Anselm Feuerbach - für nur 5 Euro, das 
        imponiert. Neben Pique Dame erschienen so qualitätsvoll und preiswert 
        auch Dostojewskis "Meistererzählungen", 
        Tschechows "Von der Liebe" und 
        "Die Dame mit dem Hündchen".
 
 Gelesen wird Pique Dame von Markus Hoffmann, der auf der Bühne u. a. 
        den Faust sowie den Romeo spielte und ein sehr gefragter Sprecher bei 
        den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist. So ist es denn auch 
        ein wahres Vergnügen, dem erfahrenen Schauspieler und Sprecher eine 
        Stunde lang zu lauschen. Unnachahmlich, wie er - als ein hagerer 
        Kammerherr einem neben ihm stehenden Engländer etwas zuflüstert - das 
        kühle, charismatische "Oh" des Engländers wiedergibt. Allein dieses zweibuchstabige 
        Wörtchen beweist Hoffmanns großes Können.
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          Anthologie, Märchen-Samowar, (Darin: Nikolaj 
          Gogol, Der Jahrmarkt von 
              Sorotschinzy; Anton Tschechow, Kaschtanka;Nikolaj Gogol, Die Nase; Alexander Puschkin, Das Märchen vom Zaren Saltan.), 
              Kinderbuch.
Lydia Awilowa, Tschechow, meine Liebe. Erinnerungen.
          Jean Benedetti (Hrsg.), Mein ferner lieber Mensch.
          Iwan 
          Bunin, Liebe und andere Unglücksfälle.
          Iwan 
          Bunin, Mitjas Liebe.
          Ivan 
          Bunin, 
          Čechov 
              (Tschechow). Erinnerungen eines Zeitgenossen.
          Anton Čechov 
              (Tschechow), Freiheit von Gewalt und Lüge.
          Anton Čechov 
              (Tschechow), Ein unnötiger Sieg. 
          Anton Čechov 
              (Tschechow), Zwei Erzählungen. (Die Dame mit dem Hündchen / Rothschilds Geige.)
          Anton Čechov (Tschechow), Kaschtanka und andere Kindergeschichten. (Ein Hund, ein Ganter, ein Schwein, ein paar Katzen,ein Pferd, eine 
              Wölfin, ein Welpe...)
Fjodor Dostojewskij 
             (Dostojewski), Meistererzählungen.
          Fjodor Dostojewski 
             (Dostojewskij), Der Spieler, Hörbuch.
          F. M. Dostojewski 
             (Dostojewskij),  Meistererzählungen, Hörbuch. (Polsunkow / Der kleine Knabe "mit dem Händchen"/Der kleineKnabe am Weihnachtsabend beim Herrn Jesus).
Nikolaj Gogol, Die Nase,
          Kinderbuch.
          Nikolaj 
          Gogol, Petersburger Geschichten.
          Gogols Petersburger Jahre, Gogols Briefwechsel mit Aleksandr Puškin 
              (Alexander Puschkin).
          Nikolaj 
          Gogol, Meistererzählungen.
          Ivan Gončarov (Iwan Gontscharow), Die Schwere Not.
          Iwan Gontscharow (Ivan Goncarov), Oblomow.
          Iwan Gontscharow (Ivan Gončarow), 
              Für den Zaren um die halbe Welt.
          Kjell 
          Johansson, Gogols Welt.
          Wolfgang Kasack, Dostojewski. Leben und Werk.
          Alexander Kuprin, Die schöne Olessja. Eine Liebesgeschichte aus dem alten Rußland.Nikolai Leskow, Der Gaukler Pamphalon.
          Vladimir Odoevskij, Prinzessin Mimi / Prinzessin Zizi.
          Aleksandr Puškin (Alexander 
              Puschkin), Das einsame Häuschen auf der Basilius-Insel.
          Lew N. Tolstoj, Hadschi Murat. Eine Erzählung aus dem Land der Tschetschenen.                   
          Leo Tolstoj, Anna Karenina, Hörbuch.                   
          Anton Tschechow 
              (Čechov), Kaschtanka.
          Anton Tschechow (Čechov), 
              Der Kirschgarten, Hörbuch.
          Anton Tschechow 
              (Čechov), Drei Schwestern, Hörbuch.
          Anton Tschechow 
              (Čechov), Drei Schwestern, Hörbuch.
          Maria Tschechowa, Mein Bruder Anton Tschechow 
              (Čechov).
          Gustave Flaubert / Ivan Turgenjev, Eine Freundschaft in Briefen, Hörbuch.
          Ivan 
          Turgenev, Aufzeichnungen eines Jägers.Ivan 
          Turgenev, Rätsel-Spiele.Ivan 
          Turgenev, Klara Milič. |