| Kinderbuch-JUGENDBUCHREZENSIONEN | |
Märchen hören oder fernsehen?  | |
| Russische Volksmärchen | |
| Aus dem Russischen von Iri[r?]na Berman, 
			Johanna Marx, Claudia Zecher  Illustrationen von Iwan Bilibin Verlagshaus Mescheryakov, Wien 2010  | |
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            Ich besitze viele schön illustrierte Bücher mit deutschen, 
			französischen, afrikanischen, russischen, sorbischen, polnischen... 
			Märchen. Vor fast vier Jahrzehnten habe ich meiner Tochter 
			Katharina, vor zwei Jahrzehnten meinem Enkel Sebastian immer wieder 
			Märchen vorgelesen. Beide konnten gar nicht genug davon bekommen. 
			Vor allem musste ich beiden immer und immer wieder 
			"Das Märchen vom 
			Zaren Saltan" von Alexander Puschkin vorlesen. Heute, wieder zwei 
			Jahrzehnte später kann ich bei meinem sechsjährigen Enkel Lenny mit 
			dem Vorlesen von Märchen keinen Blumentopf gewinnen. Das 
			wunderschöne "Märchen vom Zarewitsch Iwan, dem Feuervogel und dem 
			grauen Wolf" durfte ich nur bis zu Ende vorlesen, weil ich ihm 
			versprach, dass er anschließend fernsehen darf.
             Bin ich mit meiner Märchenvorleserei altmodisch? Die hier versammelten sieben Märchen erzählen vom Feuervogel, von der weißen Ente, von Aljonuschka und Iwanuschka, vom edlen Falken Finist, von der wunderschönen Wassilissa, vom Zarewna Fröschlein und von Marja Morewna. Was die Russischen Volksmärchen zu etwas ganz Besonderem macht, sind die zauberhaften Zeichnungen, die eher Gemälde sind, von Iwan Bilibin, 1876 nahe St. Petersburg geboren. Iwan Bilibin reiste viel durch Russland und studierte die russische Alltagswelt. Und so sehen wir auf seinen Zeichnungen Holzhäuser mit den typischen geschnitzten Fensterläden, güldene Kirchenkuppeln, bestickte Bäuerinnenkleider und Bauernhemden, bemaltes russisches Holz- und Tongeschirr, bestickte Saffianstiefel und geflochtene Bastschuhe... Man merkt beim Verlagshaus Mescheryakov, dass hier einer (Vadim Mescheryakov) am Werke ist, der sich mit Russischem auskennt. Was ich bei "Die Jungen" von Anton Tschechow kritisierte, nämlich eine jahrhundertealte Übersetzung (von Alexander Eliasberg) zu verwenden, nimmt sich bei den Illustrationen von Iwan Bilibin als vorteilhaft aus. Mit viel Liebe sind auch die Tiere - Eulen, Frösche, Hähne, Hühner, Pferde, Wölfe, Kühe, Käfer, Schwäne, Fische Schnecken und Blumen... gezeichnet. Die Illustrationen zeigen so viele Details, dass man sich jede einzelne Zeichnung wer weiß wie lange angucken kann. Bilibin illustrierte sowohl Volksmärchen als auch Erzählungen von Alexander Puschkin, Michail Lermontow, Alexej Tolstoj. Außerdem entwarf er Dekorationen und Kostüme für das Theater.. Nach der russischen Revolution von 1917 reiste Bilibin durch Europa. Er arbeitete mit Theatern zusammen und mit französischen Verlagen und illustrierte Sammlungen von russischen, französischen und deutschen Märchen und historische Geschichten. Iwan Bilibin starb mit 66 Jahren während der Leningrader Blockade in den Monaten des Massentodes 1942*.  | 
Gisela Reller / www.reller-rezensionen.de  * 
			In "Blokada. 
			Die Belagerung von Leningrad 1941-1944" schreibt Anna Reid:  
			"In einem zweiten Erlass vom 2. Februar  
			[1942] wurden die Bezirkssowjets angewiesen, täglich insgesamt etwa 
			sechzig Lastwagen mit Anhängern zum Einsammeln der Toten aus 
			Leichenhallen und Krankenhäusern bereitzustellen. Fünftonnenlaster 
			sollten pro Fahrt hundert, Dreitonnenlaster sechzig und 
			Anderhalbtonnenlaster  vierzig Leichen transportieren. [...] Da die 
			Leichen steif gefroren waren, konnten die Sammler eine maximale 
			Anzahl verpacken, indem sie die gleiche Technik wie für Holzscheite 
			benutzten: die Toten am Rand der Ladefläche wurden senkrecht 
			hingestellt, so dass sie eine Art Zaun bildeten, der die übrigen 
			zusammenhielt. Auf den Friedhöfen jedoch konnten die Bagger der 
			Lieferungen nicht Herr werden, so dass sich enorme Rückstände 
			bildeten. Die Verwaltung schätzte, dass es zum schlimmsten Zeitpunkt 
			auf dem Piskarjowskoje-Friedhof 20 000 bis 25 000 nicht begrabne 
			Leichen gab, die in zweihundert Meter langen und zwei Meter hohen 
			Reihen gestapelt waren. [...] Insgesamt, berichtete die Verwaltung, 
			wurden in der Stadt [Leningrad] 662 Massengräber ausgehoben und gefüllt, Gruben, 
			Krater und Schützengräben nicht mitgerechnet. Wie viele Leichen sie 
			enthielten, ist immer noch umstritten, doch die zutreffendste 
			Schätzung liegt bei einer halben Million Zivilisten, die im ersten 
			Leningrader Belagerungswinter starben." 
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           Am 30.08.2011 ins Netz gestellt. Letzte Bearbeitung am 27.11.2019. Das unterschiedliche Schreiben von Eigennamen ist den unterschiedlichen Schreibweisen der Verlage geschuldet.  | 
| Werden Sitten und Bräuche gebrochen, sind die Wege zum Guten verschlossen. | 
| Sprichwort der Russen | 
 
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