Vorab!

Leider kommt im Internet bei meinem (inzwischen veralteten) FrontPage-Programm  längst nicht alles so, wie von mir in html angegeben. Farben kommen anders, als von mir geplant, Satzbreiten wollen nicht so wie von mir markiert, Bilder kommen manchmal an der falschen  Stelle, und - wenn  ich  Pech  habe  -  erscheint  statt  des  Bildes  gar  eine  Leerstelle.

Was tun? Wer kann helfen?

 

*

Wird laufend bearbeitet!

 

Ich bin eine Tschetschenin: Die .

 

Foto:

 

Zeichnung: Karl-Heinz Döhring

 

"Die Seele, denke ich, hat keine Nationalität."

uri Rytchëu (tschuktschischer Schriftsteller, 1930 bis 2008) in: Im Spiegel des Vergessens, 2007

 

Wenn wir für das eine Volk eine Zuneigung oder gegen das andere eine Abneigung hegen, so beruht das, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, auf dem, was wir von dem jeweiligen Volk wissen oder zu wissen glauben. Das ist – seien wir ehrlich – oft sehr wenig, und manchmal ist dieses Wenige auch noch falsch.  

Ich habe für die Berliner Illustrierte FREIE WELT jahrelang die Sowjetunion bereist, um – am liebsten - über abwegige Themen zu berichten: über Hypnopädie und Suggestopädie, über Geschlechtsumwandlung und Seelenspionage, über Akzeleration und geschlechtsspezifisches Kinderspielzeug... Außerdem habe ich mit jeweils einem deutschen und einem Wissenschaftler aus dem weiten Sowjetland vielteilige Lehrgänge erarbeitet.* Ein sehr interessantes Arbeitsgebiet! Doch 1973, am letzten Abend meiner Reise nach Nowosibirsk – ich hatte viele Termine in Akademgorodok, der russischen Stadt der Wissenschaften – machte ich einen Abendspaziergang entlang des Ob. Und plötzlich wurde mir klar, dass ich zwar wieder viele Experten kennengelernt hatte, aber mit der einheimischen Bevölkerung kaum in Kontakt gekommen war.  

Da war in einem magischen Moment an einem großen sibirischen Fluss - Angesicht in Angesicht mit einem kleinen (grauen!) Eichhörnchen - die große FREIE WELT-Völkerschafts-Serie** geboren!  

Und nun reiste ich ab 1975 jahrzehntelang zu zahlreichen Völkern des Kaukasus, war bei vielen Völkern Sibiriens, war in Mittelasien, im hohen Norden, im Fernen Osten und immer wieder auch bei den Russen. 

Nach dem Zerfall der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zog es mich – nach der wendegeschuldeten Einstellung der FREIEN WELT***, nun als Freie Reisejournalistin – weiterhin in die mir vertrauten Gefilde, bis ich eines Tages mehr über die westlichen Länder und Völker wissen wollte, die man mir als DDR-Bürgerin vorenthalten hatte.

Nach mehr als zwei Jahrzehnten ist nun mein Nachholebedarf erst einmal gedeckt, und ich habe das Bedürfnis, mich wieder meinen heißgeliebten Tschuktschen, Adygen, Niwchen, Kalmyken und Kumyken, Ewenen und Ewenken, Enzen und Nenzen... zuzuwenden. 

Deshalb werde ich meiner Webseite www.reller-rezensionen.de (mit inzwischen weit mehr als fünfhundert Rezensionen), die seit 2002 im Netz ist, ab 2013 meinen journalistischen Völkerschafts-Fundus von fast einhundert Völkern an die Seite stellen – mit ausführlichen geographischen und ethnographischen Texten, mit Reportagen, Interviews, Sprichwörtern, Märchen, Gedichten, Literaturhinweisen, Zitaten aus längst gelesenen und neu erschienenen Büchern; so manches davon, teils erstmals ins Deutsche übersetzt, war bis jetzt – ebenfalls wendegeschuldet – unveröffentlicht geblieben. 

Sollten sich in meinem Material Fehler oder Ungenauigkeiten eingeschlichen haben, teilen Sie mir diese bitte am liebsten in meinem Gästebuch oder per E-Mail gisela@reller-rezensionen.de mit. Überhaupt würde ich mich über eine Resonanz meiner Nutzer freuen!

Gisela Reller 

    * Lernen Sie Rationelles Lesen" / "Lernen Sie lernen" / "Lernen Sie reden" / "Lernen Sie essen" / "Lernen Sie, nicht zu rauchen" / "Lernen Sie schlafen" / "Lernen Sie logisches Denken"...

 

  ** Im 1999 erschienenen Buch „Zwischen `Mosaik´ und `Einheit´. Zeitschriften in der DDR“ von Simone Barck, Martina Langermann, Siegfried Lokatis (Hrsg.), erschienen im Berliner Ch. Links Verlag, ist eine Tabelle veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass die Völkerschaftsserie der FREIEN WELT von neun vorgegebenen Themenkreisen an zweiter Stelle in der Gunst der Leser stand – nach „Gespräche mit Experten zu aktuellen Themen“.

(Quelle: ZA Universität Köln, Studie 6318)

 

*** Christa Wolf zur Einstellung der Illustrierten FREIE WELT in ihrem Buch "Auf dem Weg nach Tabou, Texte 1990-1994", Seite 53/54: „Aber auf keinen Fall möchte ich den Eindruck erwecken, in dieser Halbstadt werde nicht mehr gelacht. Im Gegenteil! Erzählt mir doch neulich ein Kollege aus meinem Verlag (Helmut Reller) – der natürlich wie zwei Drittel der Belegschaft längst entlassen ist –, daß nun auch seine Frau (Gisela Reller), langjährige Redakteurin einer Illustrierten (FREIE WELT) mitsamt der ganzen Redaktion gerade gekündigt sei: Die Zeitschrift werde eingestellt. Warum wir da so lachen mußten? Als im Jahr vor der `Wende´ die zuständige ZK-Abteilung sich dieser Zeitschrift entledigen wollte, weil sie, auf Berichterstattung aus der Sowjetunion spezialisiert, sich als zu anfällig erwiesen hatte, gegenüber Gorbatschows Perestroika, da hatten der Widerstand der Redaktion und die Solidarität vieler anderer Journalisten das Blatt retten können. Nun aber, da die `Presselandschaft´ der ehemaligen DDR, der `fünf neuen Bundesländer´, oder, wie der Bundesfinanzminister realitätsgerecht sagt: `des Beitrittsgebiets´, unter die vier großen westdeutschen Zeitungskonzerne aufgeteilt ist, weht ein schärferer Wind. Da wird kalkuliert und, wenn nötig, emotionslos amputiert. Wie auch die Lyrik meines Verlages (Aufbau-Verlag), auf die er sich bisher viel zugute hielt: Sie rechnet sich nicht und mußte aus dem Verlagsprogramm gestrichen werden. Mann, sage ich. Das hätte sich aber die Zensur früher nicht erlauben dürfen! – "Das hätten wir uns von der auch nicht gefallen lassen", sagt eine Verlagsmitarbeiterin.

Wo sie recht hat, hat sie recht.“

 

Zeichnung: Karl-Heinz Döhring

Wenn Sie sich die folgenden Texte zu Gemüte geführt und Lust bekommen haben, Tschetschenien zu bereisen, sei Ihnen das Reisebüro ? empfohlen; denn – so lautet ein tschetschenisches Sprichwort -

 

Nur eine gut vorbereitete Reise wird eine interessante Reise.

 

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Die TSCHETSCHENEN… (Eigenbezeichnung: Nochtschen = Mensch)

"Die originellste Version über die Herkunft der Tschetschenen habe ich in den altindischen Puranas, den epischen Erzählungen, ausgegraben. Dort wird berichtet, dass der Stand der Kshatriya, der Kriegerkaste, zu stark angewachsen war und ihre ständigen Kriege das Land verwüsteten. Daraufhin kam Bhumi, die Göttin der Erde, in Gestalt einer Kuh zum höchsten Gott Vishnu und bat ihn um Beistand. Vishnu nahm die Gestalt eines Brahmanen an, der vom Dharma, den für einen Priester geltenden religiösen Verpflichtungen, abgekommen war, kämpfte gegen die Kshatriyas und vernichtete neun Generationen von ihnen. Die Überlebenden der von Gott verfolgten Kriegerkaste verließen Indien und verbargen sich vor dem Zorn ihres Herrn in Ägypten, wo sie das Alte Reich gründeten. Und sie flohen in die kaukasischen Berge."

German Sadulajew in: Ich bin ein Tschetschene, 2009"

 

Zitate: "Alle Kaukasier tragen Waffen derselben Form, und ohne Ausnahme verachten sie alle jene, die nicht aus den Bergen stammen. Allen gemeinsam ist ferner eine unausrottbare Freiheitsliebe und die Fähigkeit, überall und in jeder Form der Existenz - am Hof europäischer Monarchen, im Büro einer amerikanischen Bank und in der Wüste Afrikas - auf der eigenen Art zu bestehen und so Sympathie und Freundschaft zu gewinnen."

Essad Bey (das ist Lev Nussimbaum, als Sohn eines jüdischen Ölmagnaten 1905 im aserbaidschanischen Baku geboren, gestorben 1942 im italienischen Positano)   in: 12 Geheimnisse des Kaukasus, 2008 (Die Erstausgabe dieses Buches erschien 1931.)

Bevölkerung:

"In Russland leben eine Million Tschetschenen und 80 Millionen Russen, jeder Tschetschene muss 80 Russen töten, dann ist das russisch-tschetschenische Problem gelöst."

German Sadulajew in: Ich bin ein Tschetschene, 2009

Fläche:

Geschichtliches: Im frühen Mittelalter gehörte der größte Teil des Territoriums der Tschetschenen und Inguschen zur frühfeudalen staatlichen Vereinigung der Alanen. im 13. Jahrhundert wird Tschetscheno-Inguschien von den Tataren überfallen. Ende des 14. Jahrhunderts dringen die Truppen Timurs ein.

Temür ibn Taraghai Barlas war ein zentralasiatischer Militärführer und Eroberer islamischen Glaubens am Ende des 14. Jahrhunderts. In der europäischen Geschichtsschreibung ist er besser bekannt als Timur, Timur Lenk oder Tamerlan. Timur heiratete in das Haus Tschagatais, d. h. die Familie Tschingis Khans  (Dschingis Chans) ein und wollte allem Anschein nach dessen Reich unter dem Vorzeichen des Islam erneuern.

 Um 1860 wird das Land der Tschetschenen Russland eingegliedert, nachdem sich die Tschetschenen am Aufstand Schamils gegen den Zarismus beteiligt hatten.

Imam Schamil (um 1797 in Gimra, Dagestan, bis 1871 bei Medina in Saudi-Arabien) war von 1834 bis 1859 religiös-politischer Führer (Imam) der muslimischen Bergvölker Dagestans und Tschetscheniens und organisierte in dieser Zeit den Widerstand gegen die russische Eroberung des Nordkaukasus. Schamil war der Sohn eines Landbesitzers und gehörte dem Volk der Awaren an.

Die Zeit der wirtschaftlichen Not fiel mit der russischen Eroberung des Kaukasus zusammen, die vom späten 15. Jahrhundert bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts dauerte. - Im März 1920 siegt die Sowjetmacht. Am 20. Januar 1921 wurde aus Inguschetien und Tschetschenien gemeinsam mit Karatschai-Tscherkessien, Kabardino-Balkarien und Nordossetien die Autonome Gebirgsrepublik (Berg-ASSR) gegründet, der die Balkaren, Kabardiner, Karatschaier, Inguschen, Osseten, Tscherkessen und Tschetschenen angehören. Mitte 1924 zerfiel die Berg-ASSR und alle genannten Völker erhielten den Status Autonomer Gebiete. Nach ihrem Zerfall wurde am 7. Juli 1924 das Autonome Gebiet Inguschetien im Verband der RSFSR gegründet. Im Jahre 1934 wurde das Gebiet mit Tschetschenien zum Tschetschenisch-Inguschischen Autonomen Gebiet vereinigt, das seit dem Dezember 1936 Tschetscheno-Inguschische Autonome Sowjetrepublik hieß. In der Zeit von 1944 bis 1957 hatten die Inguschen und Tschetschenen keine Autonomie, diese Völker wurden von Stalin wegen angeblicher Kollaboration nach Kasachstan deportiert, wo wegen Kälte, Hunger und sonstiger Nöte fast die Hälfte von ihnen umkam.

"Es begann der zweite Weltkrieg. Trotz der schweren Prüfungen, die das Volk bereits in den Jahren der Kollektivierung, den Jahren der stalinistischen Repressionen, bestehen mußte, war es angesichts des allgemeinen Elends, das über das Land hereinbrach, wie ein Mann zur Verteidigung des Vaterlandes bereit. Aber die Stalin-Berija-Clique bereitete neue, von beispielloser Grausamkeit gekennzeichnete Verbrechen gegen die kleinen Völker vor, darunter auch gegen die Inguschen. Die Erinnerung des Volkes an das Jahr 1944 bleibt unvergessen. Von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt verbreiteten sich die Gerüchte, daß man die Inguschen irgendwohin aussiedeln wolle, daß man schleunigst die Sachen packen müsse, Lebensmittelvorräte anlegen solle. Aber niemand schenkte dem Glauben. Die Gerüchte waren dermaßen wild, daß sie sich einfach nicht in den Köpfen festsetzten. - Ab 1943 wurden die Inguschen nicht mehr in die Armee eingezogen. Zu Beginn des Jahres 1944 erschienen in den Dörfern Tschetscheno-Inguschiens unzählige Militäreinheiten, und in den Bahnhöfen wurden Güterzüge zusammengestellt. Das alles beunruhigte und verängstigte die einheimische Bevölkerung. In dieser Zeit tauchte Berija selbst mit seinem Gefolge in Tschetschenien-Inguschien auf..."

In: Osteuropa Nr. 4/ 1997

Im Jahre 1956 fand der historische 20. Parteitag der KPdSU statt, auf dem die Epoche des Stalinkults aufgearbeitet wurde. Schon bald kam ein Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR  (vom 9. Januar 1957) über die Wiederherstellung der Tschetschenisch-Inguschischen Autonomen Sowjetrepublik heraus. Nach der Rückkehr der deportierten Bewohner wurde die Tschetschenisch-Inguschische ASSR wieder gegründet.

Die Inguschen und Tschetschenen erwarteten, "daß die Autonomie  der Tschetschenen und Inguschen in den Grenzen der früheren territorialen Aufteilung wiederhergestellt würde. Das war sehr wesentlich. aber lieder kam alles ganz anders. Sobald die Inguschen wieder ihre Füße auf die heimatliche Erde gesetzt hatten, gingen sie auf die Friedhöfe, knieten nieder und küßten die Erde und weinten, obwohl die Bergvölker nach ihrem Brauch unter keinen Umständen Tränen vergießen sollen. Aber diesmal änderten sie ihren Brauch und schämten sich überhaupt nicht. Die Rückkehr der Inguschen in ihr Heimatland verlief ziemlich unorganisiert und erniedrigend. In den Herzen der Menschen war große Freude, sie hatten viel überstanden und hatten nur das Recht, warmherzigen und würdigen Umgang für sich zu fordern. Aber die örtlichen Machthaber trafen keine Vorbereitungen für ihren Empfang. Ein Teil der [russischen] Bevölkerung der Republik, der schon mehr als dreizehn Jahre im Geiste des Hasses gegen die Inguschen (und Tschetschenen)erzogen worden war, empfing sie überaus feindselig. "Der damalige Vorsitzende des Ministerrates der RSFSR, M. S. Solomincev, der nach Grosny kam, um den Konflikt beizulegen, verkündete stattdessen öffentlcih, daß die Tschetschenen und Inguschen nicht rehabilitiert, sondern begnadigt worden seien. Die Versammlung selbst wurde zum `Menschenauflauf´ erklärt und die Personen, die an der Demonstration teilgenommen hatten, wurden gnadenlos verfolgt."

In: Osteuropa Nr. 4/ 1997

Für die Tschetschenen wie für alle deportierten Völker, war die Erklärung des Obersten Sowjets der UdSSR vom 14. November 1989 über die "Anerkennung von ungesetzlichen und verbrecherischen Repressionen gegen Völker, die zu einer gewaltsamen Umsiedlung gezwungen wurden, und über die Sicherheit ihrer Rechte" ein großes Ereignis. Die Deklaration verurteilt bedingungslos die Praktiken der gewaltsamen Umsiedlung ganzer Völker als schwerste Verbrechen. Nach der Annahme des Deklaration erschien am 26. April 1991 - unterzeichnet vom Präsidenten Boris Jelzin - das Gesetz über die Rehabilitierung der repressierten Völker.

 

 

Wehrtürme in Tschetschenien.

Strichzeichnung von Inge Brüx aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

 

 

Aber die Hypothese von der arischen Abstammung kam den Tschetschenen am teuersten zu stehen. "1944 wurden die Tschetschenen nach Kasachstan umgesiedelt. Ich habe keine offizielle Bestätigung dafür gefunden, aber die Tschetschenen sind sich sicher, dass der Grund für Stalins Repressionen gegen das gesamte tschetschenische Volk nicht darin lag, dass sie Hitler angeblich mit offenen Armen empfangen wollten, und auch nicht darin, dass sich Banditen in den Bergen verschanzt und der Sowjetmacht widersetzt hatten (Anhänger von Stepan Bandera gab es weit aus mehr, aber niemand war deswegen auf die Idee gekommen, die gesamte ukrainische Bevölkerung umzusiedeln). Der Grund mag gewesen sein, dass Wissenschaftler in Nazideutschland eine Theorie aufgestellt hatten, nach der die Tschetschenen ein arisches Volk sind und man sie in einem eroberten Russland als den Deutschen Ebenbürtige behandelt hätte." - "Dong-dong, tönen die Räder des Güterwaggons. Es sind Eisenräder ohne Felgen, ohne Speichen, einfache gusseiserne Scheiben mit Bohrungen. (...) In dem Güterwagen sind Menschen, erbitterte Männer, verzagte Frauen, quengelnde Kinder. In den Ecken Häufchen von gefrorenen Fäkalien und vereister Urin. Es ist kalt. Kein Wasser. Kein Brot. Einige leblose Körper: Sie werden an der nächsten Station hinausgetragen. Wenn überhaupt. Wenn nicht, dann fahren die toten zusammen mit den Lebenden weiter, an einen unbekannten Ort, in die Große Steppe. 1944. Sonderoperation zur Umsiedlung. Ein dichter Kordon von Truppen des NKWD umstellte das Dorf. Sie hatten Schützengräben ausgehoben und Maschinengewehre aufgestellt. Erst dann marschierten sie ein. Um Widerstand zu vermeiden, wurden alle Männer über 14 Jahre in einer Schule gesammelt. Währenddessen mussten Frauen, Alte und Kinder ihre Häuser verlassen. Dann trieb man die Männer in Lastwagen, brachte sie zum Bahnhof und schloss sie in verplombte Güterwaggons ein. Man hänge Schlösser vor und verklebte sie mit Siegellack. Hier kommt ein Paket für dich, Große Steppe! Sie waren damals auch in unserem Hof. Dort fanden sie eine russische Frau mit ihren kleinen Kindern. Die durften bleiben. Den tschetschenischen Vater nahmen sie mit. Die russische Frau war meine Großmutter, und einer ihrer kleinen Kinder mein Vater."

German Sadulajew in: Ich bin ein Tschetschene, 2009

"Am 5. Januar 1995, dem Tag des ersten Angriffs der russischen Luftstreitkräfte auf Schali, war der Markt wieder einmal überfüllt. Als am Himmel die Flugzeuge auftauchten, kam niemand auf den Gedanken wegzulaufen. Es sind doch unsere russischen Flugzeuge, wahrscheinlich suchen sie nach Rebellen. Was haben wir damit zu tun, wir sind friedliche Leute. Warum sollen wir weglaufen und uns in Bunkern verstecken, wie der närrische General Dudajew im Fernsehen gesagt hat. Das sind schließlich keine Amerikaner. Das Flugzeug verringerte seine Flughöhe und warf eine Streubombe direkt in die Menschenmenge. Hunderte von Menschen wurden in Stücke gerissen, Körperteile und Menschenfleisch vermischten sich mit dem verbogenen Blech von Autoteilen, so dass man nur alles zusammen begraben konnte. Blut, wieder drang Blut in die Erde, Flüsse und Seen, es war so viel Blut, dass es schien, als verströmte die Erde selbst Blut, wie eine kranke Mutter, aus deren Brüsten keine Milch mehr fließt, nur Blut."

German Sadulajew in: Ich bin ein Tschetschene, 2009

"Tschetschenien steckte [1995] zwischen der UdSSR und Russland fest, die Armee kämpfte mit Waffen, die in der Sowjetunion hergestellt worden waren, in sowjetischen Uniformen, sie schoss mit sowjetischen Kugeln und Granaten - und die Rebellen auch; man hatte den Eindruck, solange diese sowjetischen Vorräte nicht aufgebraucht wären, würde das Land nicht merken, was hier und jetzt mit ihm geschah."

Sergej Lebedew in: Menschen im August, 2015

 

Staatsgefüge: Die Tschetscheno-Inguschische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik (ASSR) war eine Teilrepublik der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR) innerhalb der Sowjetunion. Sie wurde am 5. Dezember 1936 gegründet. Sie ging aus dem Tschetscheno-Inguschischen Autonomen Oblast (Gebiet) hervor. Ihre Hauptstadt war Grosny. Am 7. März 1944 wurde die Autonome Sowjetrepublik aufgelöst. Die vom Stalin-Regime pauschal der Kollaboration mit den deutschen Invasoren bezichtigten Tschetschenen und Inguschen deportierte das NKWD (der russische Geheimdienst) in zentralasiatische Republiken wie Kasachstan. Teile des Territoriums der Tschetscheno-Inguschischen ASSR kamen zur Dagestanischen und Nordossetischen ASSR bzw. zur Georgischen SSR (Sozialistische Sowjetrepublik). Der Rest bildete die Oblast Grosny innerhalb der Russischen RSFSR. Als in der sogenannten Tauwetterperiode tschetschenen und Inguschen in ihre Heimat zurückkehren konnten, erfolgte am 9. Januar 1957 die Wiedererrichtung der Tschetscheno-Inguschischen Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik. Im Verlauf der Auflösung der Sowjetunon wurde sie am 15 Mai 1991 in Tschetscheno-Inguschische Republik umbenannt. Am 1. Oktober 1991 beschloss der Oberste Sowjet der RSFSR die Aufteilung der Republik in die Tschetschenische Republik und die Inguschische Republik als Folge der Unabhängigkeitsbestrebungen der Tschetschenen. Die Republik Inguschetien wurde am 4. Juni 1992 gegründet. Es ist die jüngste Republik im russischen Staatsverband.

„Jedes Volk – die Tschetschenen, die Inguschen, die Osseten, die Kabardiner, die Balkaren, […] muss seinen eigenen Sowjet haben. […] Sollte der Beweis erbracht werden, dass die Scharia notwendig ist, so mag es die Scharia geben. […] Sollte der Beweis erbracht werden, dass die Organe der Tscheka  […] es nicht verstehen, sich der Lebensweise und den Besonderheiten der Bevölkerung anzupassen, dann ist klar, dass auch auf diesem Gebiet entsprechende Änderungen vorgenommen werden müssen."

Josef Wissarionowitsch Stalin auf dem Kongress der Völker des Terekgebiets am 17. November 1920

 

Seit Mai 2007 ist Ramsan Achmatowitsch Kadyrow, ein russischer Politiker der Partei Einiges Russland, Präsident der russischen Teilrepublik Tschetschenien. Das Innenministerium zählte (im Januar 2016) 800 000 Menschen auf den Straßen in Grosny für die Präsidenten Russlands und Tschetscheniens. Eine wahrlich stolze Zahl bei nur etwa 292 000 Einwohnern in Grosny.

„Herrscher Kadyrow, laut Plakaten und einer Prominenten-Internetkampagne `Patriot Russlands´, war von Menschenrechtlern schon manchem Vorwurf ausgesetzt – von Brutalität über Folter bis Mord. Die einer demokratischen Gesinnung gehörte niemals dazu.“

Klaus Joachim Herrmann in: Neues Deutschland vom 23./24.01. 2016

 

 

 

 

„Jedes Volk – die Tschetschenen, die Inguschen, die Osseten, die Kabardiner, die Balkaren, […] muss seinen eigenen Sowjet haben. […] Sollte der Beweis erbracht werden, dass die Scharia notwendig ist, so mag es die Scharia geben. […] Sollte der Beweis erbracht werden, dass die Organe der Tscheka  […] es nicht verstehen, sich der Lebensweise und den Besonderheiten der Bevölkerung anzupassen, dann ist klar, dass auch auf diesem Gebiet entsprechende Änderungen vorgenommen werden müssen."

Josef Wissarionowitsch Stalin auf dem Kongress der Völker des Terekgebiets am 17. November 1920

Neben anderen Völkern wurden vier nordkaukasische Völker – Balkaren, Inguschen, Karatschaier und Tschetschenen – während des zweiten Weltkriegs nach Kasachstan und Kirgisien zwangsumgesiedelt. Die Sowjetregierung rechtfertigte diese Operation mit der Begründung, dass diese vier Völker, während der kurzen Okkupationszeit von Teilen des Nordkaukasus durch die Deutsche Wehrmacht, mit den feindlichen Besatzern kollaboriert hätten und versucht hätten, die Sowjetmacht durch "Bandenaktivitäten" beziehungsweise "terroristische Akte" zu destabilisieren. Nach der Deportation wurden die Balkaren, Inguschen, Tschetschenen und Karatschaier in sogenannten "Spezialsiedlungen" in Kasachstan und Kirgisien neu angesiedelt. Bis zu ihrer Rehabilitation, die durch die Rede von Nikita Chruschtschow auf dem XX. Parteitag der KPdSU (Kommunistischen Partei der Sowjetunion) eingeleitet wurde, lebten und arbeiteten sie unter strengen Auflagen als "Spezialumsiedler" im Exil.

Verbannungsgebiet:

Neben anderen Völkern wurden vier nordkaukasische Völker – Balkaren, Inguschen, Karatschaier und Tschetschenen – während des zweiten Weltkriegs nach Kasachstan und Kirgisien zwangsumgesiedelt. Die Sowjetregierung rechtfertigte diese Operation mit der Begründung, dass diese vier Völker, während der kurzen Okkupationszeit von Teilen des Nordkaukasus durch die Deutsche Wehrmacht, mit den feindlichen Besatzern kollaboriert hätten und versucht hätten, die Sowjetmacht durch "Bandenaktivitäten" beziehungsweise "terroristische Akte" zu destabilisieren. Nach der Deportation wurden die Balkaren, Inguschen, Tschetschenen und Karatschaier in sogenannten "Spezialsiedlungen" in Kasachstan und Kirgisien neu angesiedelt. Bis zu ihrer Rehabilitation, die durch die Rede von Nikita Chruschtschow auf dem XX. Parteitag der KPdSU (Kommunistischen Partei der Sowjetunion) eingeleitet wurde, lebten und arbeiteten sie unter strengen Auflagen als "Spezialumsiedler" im Exil.

 

Hauptstadt:

Wirtschaft:

"Kurz vor dem Zerfall der Sowjetunion mit ihrem Agrar-Industrie-Komplex-System kam eines Jahres die Anweisung, das Saatgut hochintensiv zu bearbeiten. Die Landwirte vor Ort schüttelten ihre Köpfe und diskutierten bei Versammlungen über diesen Beschluss, konnten aber keine Aufhebung erreichen. Die Chemikalien wurden von den Flugzeugen der Agrarfliegerei ausgestreut. Selbst wenn die `Maisbomber´ nur in geringer Flughöhe am Himmel knatterten, gab es auch bei schwachem Wind keine Garantie, dass die Chemikalien `punktgenau´ das Feld trafen. Und so wurden auch die Grasflächen entlang der Saatfelder mit den Giften überzogen, die Wege und sogar das als Weideland genutzte Fußballfeld. Die nichtsahnenden Kühe kauten das Gras und fielen eine nach der anderen um. In einem quälenden Todeskampf blickten sie vorwurfsvoll zum nahen Himmel, an dem die Schwalben und `Maisbomber´ flogen. Zum ersten Mal war von dort der Tod herabgeprasselt." Aus: German Sadulajew, "Ich bin ein Tschetschene"

Verkehr:  

Sprache/Schrift:

Literatursprache/Literatur:

Bildung:

Kultur/Kunst: Die Koban-Kultur ist eine spätbronzezeitliche und eisenzeitliche Kultur im Norden des Kaukasus. Sie wurde nach dem 1869 im Dorf Verchni Koban in Nordossetien entdeckten Gräberfeld benannt, das etwa sechshundert Bestattungen umfasste. Besondere Aufmerksamkeit fand der reiche Bronzeschmuck. Die Koban-Kultur findet sich in Kabardino-Balkarien, Inguschetien, Ossetien und Tschetschenien.

 

 

 

 

 

Bronzenes Schmuckblech aus Tschetscheno-Inguschien in Gestalt eines

 stilisierten Vogels mit ausgebreiteten Flügeln.

Strichzeichnung von Inge Brüx aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

 

 

Gesundheitswesen:

Klima:

Natur/Umwelt:

Pflanzen- und Tierwelt:

Behausungen:

 

Der Lebensstandard ist in Russland  regional sehr unterschiedlich hoch. Während besonders in Moskau und St. Petersburg einige Viertel in neuem Glanz erstrahlen, ist in anderen Regionen die Armut nach wie vor groß. In Tschetschenien und Dagestan leben mehr als die Hälfte der Menschen in Armut; weitere arme Regionen sind Inguschetien, Tuwa, Kabardino-Balkarien, Mari El, Kalmykien, Burjatien, der Altai und Mordwinien.

Ernährung:

Kleidung:

Folklore:

Berühmt für ihre „Narten-Epen“ sind mehrere Völker des nördlichen Kaukasus, besonders die Adygen, die Tscherkessen, die Abchasen, die Osseten, die Karatschaier, die Balkaren, die Inguschen, die Abasiner, die Tschetschenen. Der Name „Narten“ leitet sich wahrscheinlich vom mongolischen Wort narta (Sonne) ab. Die Urmutter aller Narten ist die verführerische und weise Satanaya, die Ähnlichkeit hat mit der altgriechischen Fruchtbarkeitsgöttin Demeter. Die Narten-Sagen besitzen ein gleichgewichtiges Verhältnis zwischen Männern und Frauen, Göttinnen und Heldinnen genießen großen Respekt in den Erzählungen. Nartische Gottheiten wie der Himmelsschmied Kurdalagon, der Donnergott Uazilla sowie Sapha, der Schirmherr des heimischen Herdes, haben Parallelen zu nordischen Sagen und Mythen. Auch der griechischen Mythologie ähneln die Narten-Sagen in vielen Elementen. Die Figur von Nasran z. B. gleicht dem feuerbringenden Titanen Prometheus, den der Göttervater Zeus ausgerechnet an einen Berg im Kaukasus fesseln lässt. Der russisch-orthodxe Geistliche André Sikojew (der Vater war Ossete, die Mutter Deutsche) hat das Narten-Epos erstmals as einer russischen Fassung, die es seit 1948 neben einer ossetischen gab, ins Deutsche übertragen. Laut Sikojev sind die Narten-Sagen im Siedlungsgebiet der osseten entstanden und einst im gesamten nördlichen Kaukasus erzählt und gesungen worden. - Seit 17.03.2014 bestehen für Reisen in den Nordkaukasus – nach Inguschetien, Tschetschenien, Dagestan, Nordossetien und Kabardino- Balkarien - Reisebeschränkungen - aufgrund von Anschlägen, bewaffneten Auseinandersetzungen, Entführungsfällen und Gewaltkriminalität. - 2011 ist in der Russischen Föderation die Winterzeit abgeschafft worden. Damit erhöht sich der Zeitunterschied zwischen Deutschland und der Russischen Förderation im Winter um eine Stunde.

"Aus dem Inhalt des Narten-Epos´: Die Welt war zunächst von wilden Riesen-Narten besiedelt, die in Höhlen wohnten, weil sie keine Häuser zu bauen vermochten. Sie hatten viel Kraft und wenig Verstand. Als dann weniger starke, dafür aber verständigere Narten auf die Welt kamen, konnten sie die Riesen leicht besiegen: Bald schläfert der Narte mit seiner Beredsamkeit das Misstrauen des Riesen ein oder lenkt seinen Zorn auf einen anderen Gegenstand, bald verwickelt er ihn geschickt in eine Situation, in der der Riese machtlos ist. Außer den Begegnungen mit den Riesen nehmen die Narten an fröhlichen Zusammenkünften teil, gehen auf die Jagd oder ziehen in den Krieg. Bei den Zusammenkünften spielen die Narten lustige Spiele, zechen, tanzen und singen. Ihre Kriegszüge sind immer voller Überraschungen. Die einzelnen Sagen erzählen von zahlreichen Fehden zwischen den Narten, von ihren blutigen Auseinandersetzungen. Darüber hinaus sind die Narten mit übermenschlichen Eigenschaften ausgestattet und verstehen die Sprache der Vögel. Und: Einige Narten beherrschen die Kunst, sich tot zu stellen, um den argwöhnischen Gegner zu überlisten. Andere Narten können in den Himmel steigen und zurückkehren, wieder andere wandern in die Hölle – und kommen, sobald sie wollen, zurück auf die Erde. Fast alle Narten sind mit mythischen Figuren der Sonne und deren Tochter verwandt.  Doch das Hünenvolk endete tragisch: Die Narten waren so stolz geworden, dass sie an die Türen ihrer Häuser keine Leitern mehr ansetzten, damit Gott nicht etwa glaube, sie würden  ihn anbeten. Gott sandte deshalb eine fürchterliche Hungersnot auf die Erde. Doch in der Nacht war der Himmel mit Körnern unbekannter Art übersät, die wie Lichter glänzten. Die Narten begannen, diese leuchtenden Körner mit Pfeilen abzuschießen und sich davon zu ernähren. Diese Speise allein aber reichte nicht aus, und alle Narten verhungerten. Nach ihrem Untergang fielen die himmlischen Körner auf die Erde und fingen zu wachsen an und Früchte zu tragen – das war der Mais, der für die Menschen so kostbar ist.“

Natascha Petrowa, in: Stimme Russlands vom 8. Oktober 2009

Feste/Bräuche: Nach altem Brauch wird in den Bergen des Kaukasus der Neuankömmling in den ersten drei Tagen als Gast betrachtet, am vierten Tag aber schon dem Hausherrn gleichgestellt.

Zitat: "Niemals kann ich die Volksfeste in den Vororten von Pjatigorsk vergessen, wohin talentvolle Menschen aus allen Ecken und Enden der nordkaukasischen Erde strömten. Wahrhaftig, die Augen wußten nicht, wohin sie blicken sollten angesichts dieses phantastischen Schauspiels: ossetische Dshigiten [mutige Burschen] in weißen Beschmeten [Umhängen] auf ihren dünnbeinigen und raschen Pferden; Seiltänzer aus Dagestan mit den elastisch-geschmeidigen, wie mir schien `lebendigen´ Balancierstangen; großartige kabardinische Tänzer, Tänzer aus Dagestan und dem Land der Tschetschenen, die virtuos kaukasische Tänze vollführten, in erster Linie die Lesginka, einen geradezu feurigen Tanz; Musikanten, deren Instrumente sowohl dem Aussehen wie dem Klang nach ganz ungewöhnlich waren. Am packendsten waren jedoch die Pferderennen: die Nordkaukasier sind geborene Reiter, für die das Pferd wie der Dolch nicht mit Gold aufzuwiegen ist. Und diese Rennen nun bedeuten einen Zweikampf der Charaktere, der Leidenschaften und, versteht sich, der Kunst des Dshigiten, einen derart hitzigen Zweikampf, daß es mitunter schwer fiel zu begreifen, ob das nun Spiel oder Leben war..."

Sawwa Dangulow (adygejischer Schriftsteller) in: Sowjetliteratur 1/1972

Religion:

 

 

 

 

Relief der stark zerstörten Kirche Tschoba-Erdi in Tschetscheno-Inguschien, 10. Jahrhundert (?),

durch Restaurierung teilweise wiederhergestellt.

Foto aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

 

 "Die sufische Spielart des Islam passte zu den freiheitsliebenden Tschetschenen wie sonst keine, denn sie haben sich immer jeglicher Macht widersetzt, nur nicht der Autorität der Weisheit, der Erfahrung und der persönlichen tugendhaften Vorbildlichkeit." Aus: German Sadulajew, "Ich bin ein Tschetschene"

 

Ereignisse nach dem Zerfall der Sowjetunion, sofern sie nicht bereits oben aufgeführt sind:

"In meinem alten Sowjetpass stand in der Zeile Nationalität: Tschetschene. Damit ich es nicht vergesse. Im neuen russischen Pass gibt es die Zeile `Nationalität´ nicht mehr. Aber das hat nichts geändert. Gleich auf der ersten Seite ist der Geburtsort vermerkt: Tschetschenische Republik. Das ist falsch. Es gab keine Tschetschenische Republik, als ich geboren wurde. Ich wurde in der Tschetscheno-Inguschischen ASSR geboren. (...) Damals hatte man uns gelehrt, dass wir zu einer großen vereinten Nation gehören, die Sowjetvolk heißt. Das haben wir geglaubt. Wir studierten an den Hochschulen von Moskau und Sankt Petersburg, den großen Städten unserer großen Heimat, und wir blieben dort. Aber jetzt lehrt man uns, dass wir Tschetschenen sind. Und das große Land wurde für uns mit einem Mal zum Ausland." Aus: German Sadulajew, "Ich bin ein Tschetschene"

Kontakte zur Bundesrepublik Deutschland:

 

Im Januar 2010 wurde Alexander Chloponin (geboren 1966) zum Präsidentenbeauftragten (Generalgouverneur) für den Nordkaukasus bestellt; im gleichen Monat hielt er seine erste Beratung mit den Präsidenten der nationalen Republiken ab (mit Dagestan, Inguschetien, Kabardino-Balkarien, Karatschai-Tscherkessien, Nordossetien, Tschetschenien). Für Adygien, die Schwarzmeerregion Krasnodar und das Gebiet Rostow ist weiterhin der ehemalige Generalstaatsanwalt Wladimir Ustinow zuständig; diese Gebiete sind relativ stabil. Die Situation im Nordkaukasus ist gegenwärtig Russlands größtes innenpolitisches Problem. Zupass kommen Chloponin im neuen Amt seine engen Kontakte zur Hochfinanz, vor allem zu den Mehrheitsaktionären von Norilsk Nickel, dem weltweit größten Buntmetallkonzern, dessen Generaldirektor er Mitte der Neunziger Jahre war. Es ist das erste Mal, dass seit den 1930er Jahren der Nordkaukasus zu einer eigenen Einheit zusammengefasst wurde. Cloponin wurde zugleich in den Rang eines Vizepremiers erhoben und ist damit dem russischen Präsidenten Putin direkt unterstellt.

 

 

 

 

Die Zahl der tschetschenischen Asylbewerber ist in diesem Jahr stark angestiegen. Zwischen Januar und August dieses Jahres beantragten 11 587 Tschetschenen Asyl in Deutschland. Im gesamten Vorjahr waren es 2 255. Damit liegt die Zahl der Antragssteller bereits jetzt 500 Prozent über dem Vorjahresniveau. Dazu kommen noch 704 Angehörige anderer im Nordkaukasus lebender Volksgruppen. Von den insgesamt 14 646 Personen, die seit Januar 2012 einen Asylantrag in Deutschland gestellt haben, waren 7 776 unter 18 Jahre alt.

 

 

Interessant, zu wissen..., ob die in Tschetschenien gefundenen Eier wirklich Dinosaurier-Eier sind.

Wenn von TSCHETSCHENIEN die Rede ist, geht es meist um Terror, Mord und Totschlag. Da haben sich die tschetschenischen Freunde Said-Emin Dschabrailow - er ist der erste Tschetschene, der, mit über fünfzig Jahren, den Kaukasusgipfel Kasbek bestiegen hat - und der Dinosaurier-Fan Wogapow wohl gesagt, dass sich das ändern müsse. Also taten sie der Welt kund, dass sie einhundert Millionen Jahre alte Dinosaurier-Eier entdeckt haben - vom Brontosaurus. Da müsse, meinen die beiden, die gesamte Geschichte umgeschrieben werden, weil man bisher davon ausgegangen war, dass es im Kaukasus gar keine Dinosaurier gegeben habe. Die Wissenschaftler der Welt halten die tschetschenischen Dinosaurier-Eier allerdings für seltsam oval geformte Steine mit samtig schimmernder Oberfläche... Ich denke, irgend etwas Wahres muss an dem Fund doch dran sein - hätte sonst "Die Zeit" (vom 12. September 2013) den Eiern, die keine sind, eine ganze Zeitungsseite gewidmet?

Nicht da ist man daheim, wo das Bett steht, sondern da, wo man verstanden wird.

Sprichwort der Tschetschenen

 

 

Die Tschetschenen: Für Liebhaber kurzer Texte

Die Selbstbezeichnung der über siebenhundertfünfzigtausend Tschetschenen ist "Nochtscho". Sie gehören zu den autochthonen Völkern des Kaukasus und unterstanden seit antiker Zeit georgischen Königen. Ursprünglich in den Bergen lebend, ließen sie sich im 16. Jahrhundert als Viehhirten nieder, wo sie unter der Herrschaft von Kumyken und Kabardinern islamisiert wurden. Nach heftiger Gegenwehr und erfolglosen Aufständen wurden die Tschetschenen in der Mitte des 19. Jahrhunderts russische Untertanen. Der berühmte russische Schriftsteller Lew Tolstoi, der von 1851 bis 1854 als Offizier im Kaukasus diente, schreibt über diese Ereignisse in seiner Erzählung "Die Kosaken". Meisterhaft schreibt er darin über die mit ewigem Schnee bedeckten Berge, die reißenden Flüsse und die tiefen kaukasischen Wälder. - Die tschetschenische Sprache, zur kaukasischen Sprachfamilie gehörig, ist mit der inguschischen verwandt. Auch in Kultur und Lebensweise gibt es zwischen Tschetschenen und Inguschen viele Übereinstimmungen. Aber obwohl sich beide Völker in jüngster Zeit gern gemeinsam Wainachen nennen, sind sie doch bestrebt, Eigenständiges zu bewahren: ihre nationalen Handwerke, die Tänze, Lieder, Märchen, Legenden, Sprichwörter. Und: ihre Nationalgerichte. Der französische Romancier Alexander Dumas der Ältere besuchte 1858/59 auf seiner Reise durch Russland auch den Nordkaukasus. Dem Schriftsteller, der für seine Kochkunst fast genauso berühmt war wie für seine Romane, hatten es besonders die tschetschenischen Gerichte angetan. Überliefert ist, dass ihm die Suppe Lowsar Tschorp besonders mundete. Wollen Sie einmal essen wie Dumas in Tschetschenien? Dann schneiden Sie 300 Gramm Hammelfleisch in 3 bis 5 Gramm kleine Stücke, die Sie für eine halbe Stunde in kochendes Wasser geben. Tun Sie dann klein geschnittene Kartoffeln und reichlich Zwiebelringe dazu, schmecken Sie alle mit Salz und Paprika ab und hinein mit einer tschetschenischen Handvoll Reis. Lassen Sie alles so lange kochen, bis der Reis gar ist. Dann kommen geraspelte Morrübern und gehackter Bärlauch obenauf und - ein halber Teelöffel Honig. Ein Tschetschene trinkt zum Essen - was die Flasche hergibt...

 

 

Zitat:  "Nikolaj hatte Mowladi eingestellt, weil er dachte, dass die Tschetschenen von Natur aus kämpferische Menschen waren - Krieger aus Berufung, sozusagen. Aber Jelene hatte den Verdacht, dass die Tschetschenen für die Liebe geschaffen waren. Wozu sonst sollten sie so ausdrucksvolle Hände und so bebende Nasenflügel haben?"

Viktorija Tokarjewa in: Eine von vielen, 2014

 

 

Diesen unveröffentlichten Text habe ich geschrieben, als ich für das

Bibliographische Institut in Leipzig von 1986 bis 1991 ein Sprichwörterbuch von fünfzig Völkern der (ehemaligen) Sowjetunion erarbeitete,

das wegen des Zerfalls der Sowjetunion nicht mehr erschienen ist.

Als Journalistin der Illustrierten FREIE WELT – die als Russistin ihre Diplomarbeit über russische Sprichwörter geschrieben hat - habe ich auf allen meinen Reportagereisen in die Sowjetunion jahrzehntelang auch Sprichwörter der dort ansässigen Völker gesammelt - von den Völkern selbst,  von einschlägigen Wissenschaftlern und Ethnographen, aus Büchern ... - bei einem vierwöchigen Aufenthalt in Moskau saß ich Tag für Tag in der Leninbibliothek. So ist von mir erschienen: 

* Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), von mir übersetzt und herausgegeben, illustriert von Wolfgang Würfel.

* Dein Freund ist dein Spiegel, ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, von mir gesammelt und zusammengestellt, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, die Illustrationen stammen von Karl Fischer, die Gestaltung von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT, Berlin 1986.

 * Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber mit Sprichwörtern zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, von mir (nach einer Interlinearübersetzung von Gertraud Ettrich) in Sprichwortform gebracht, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch.

Ich bin, wie man sieht, gut damit gefahren, es mit diesem turkmenischen Sprichwort zu halten: Hast du Verstand, folge ihm; hast du keinen, gibt`s ja noch die Sprichwörter.

Hier fünfzig tschetschenische Sprichwörter als Kostprobe:

 (Bisher Unveröffentlicht)

Übernachte in dem Aul*, in dem dich die Nacht überrascht.

Wer sich vor fremder Bosheit nicht hütet, kann sich an eigener Güte nicht freuen.

Ein Bruder ohne Bruder ist wie ein Falke ohne Flügel.

Eine Schwester ohne Bruder ist wie ein Tannenzweiglein ohne Nadeln.

Die Distel wächst von klein auf stachlig heran.

Wer gegen sein Dorf antritt, verliert den Hof, wer gegen den Zaren aufsteht - riskiert den Kopf.

Der von einem Dummkopf gezogene Dolch ist gefährlicher als der Dolch eines Tapferen.

Mir gackert sie, dem anderen bringt sie die Eier.

Eile nimmt die Seele, Geduld den Berg.

Auf einen Fausthieb antworte mit einem Stock, auf eine Ohrfeige mit dem Dolch.

Wer nur an die Folgen denkt, kann nicht mutig sein.

Stirbt dir die Frau, musst du das Bett wechseln.

Geduld ist das Feldlager des Sieges.

Auch mit allem Geld der Welt ist kein Verstand zu kaufen.

Jeder kratzt sich die Glatze auf seine Weise.

Ein Greis, der sich wie ein Junger gebärdet, erliegt seinen Strapazen.

Besser als Hahn zu sterben, denn als Henne zu leben.

Weiße Hände lieben fertige Arbeit.

Als man den Hasen fragte, was er gut fände, antwortete er: den Hund zu sehen, bevor man von ihm gesehen wird.

Als die Henne versuchte, wie ein Hahn zu krähen, ist sie geplatzt.

Satter Herbst ist besser als übersättigter Frühling.

Höflichkeit macht den Sklaven zum Fürsten.

Wer hungert meint, nie wieder satt werden zu können; wer satt ist, meint nie Hunger gelitten zu haben.

Die Katze, die an den Speck nicht ran kann, sagt, es sei Fastenzeit.

Klatsch anhören ist eine Krankheit, Klatsch überhören - eine Begabung.

Wer nicht mit der Kopeke rechnet, ist auch keine Kopeke wert.

Was im Kopf ist, will auf die Zunge.

Selbst wenn du ihn nach Mekka bringst, riecht der Knoblauch nach Knoblauch.

Wer zuerst an der Mühle ist, mahlt zuerst.

Was für die Katze ein Vergnügen, bedeutet für die Maus den Tod.  

Wenn der Mullah Almosen gibt, spielt der Teufel dazu die Surna**.

Besser Muße als Muss.

Lieber ein Nachbar in der Nähe als ein Verwandter in der Ferne.

Wohin die Nadel geht, dahin geht auch der Faden.

Von den Pferden gefällt einem am besten das eigene, von den Frauen - die fremde.

Was beim Pflügen gesagt, wird beim Ernten gehört.

Rache kann noch so alt werden, in Vergessenheit gerät sie nie.

Begibst du dich auf einen weiten Ritt, lass das Prahlen sein.

Die Schafe des Hirten, der früh aufsteht, werfen zweimal.

Ohne den Schampur*** zu versengen, lässt sich kein Schaschlyk braten.

Schönheit bis zum Abend, Güte bis zum Tod.

Als jeder sein Schönstes vorzeigen sollte, schleppte die Krähe ihr Junges herbei.

Wenn du keinen Stier hast, um mit ihm den Arzt zu bezahlen, dann sei ohne Schmerzen. 

Wer nicht im Takt ist, kommt beim Tanzen nicht auf die Fußspitzen.

Vor seinem Tor ist selbst der Hahn tapfer.

Sage nichts Unbedachtes, dann kannst du auf dem Gesetz bestehen.

Schnelles Wasser kommt selten bis zum Meer.

Ein zärtliches Wort lockt sogar eine Schlange aus ihrem Loch.

Auch eine Ziege kommt bis zur Kaaba**** - wenn sie nicht auf den Wolf trifft.

Wer sich mit Brennholz abschleppt, müht sich auch um die Asche.  

 

* Aul = kaukasisches Dorf / ** Surna = Blasinstrument / *** Schampur = Bratspieß aus Holz / **** Kaaba = mohammedanischer Tempel.


Interlinearübersetzung aus dem Russischen: Gertraud Ettrich; gesammelt und in Sprichwortform gebracht: Gisela Reller

 

Zitat: "Schwer ist es, Tschetschene zu sein. Wenn man Tschetschene ist, muss man seinen Feind, wenn er als Gast anklopft, bewirten und beherbergen. Man muss ohne zaudern für die Ehre eines Mädchens sterben. Man muss seinen Bluträcher töten, indem man ihm einen Dolch durch die Brust bohrt, denn man darf ihn nicht hinterrücks erschießen. Man muss seinem Freund das letzte Stück Brot hinterlassen. Man muss anhalten und aus dem Auto steigen, um einen vorübergehenden Ältesten zu grüßen. Man darf nicht weglaufen; selbst wenn die Feinde zu tausend sind und es keine Chance gibt zu siegen, man muss den Kampf mit ihnen aufnehmen. Und man darf nicht weinen, egal, was geschieht. Selbst wenn du von einer geliebten Frau verlassen wirst, wenn Armut dein Haus verwüstet oder in deinen Armen Kameraden verbluten, du darfst nicht weinen, wenn du Tschetschene bist, wenn du ein Mann bist. Nur ein Mal, ein einziges Mal im Leben darfst du weinen: wenn deine Mutter stirbt."

German Sadulajew in: Ich bin ein Tschetschene, 2009

 

 

Als Reporterin der Illustrierten FREIE WELT besuchte ich 1986 in Berlin ein Konzert des Staatlichen Tanzensembles "Wainach" der Tschetscheno-Inguschischen ASSR. Ich schrieb darüber in der FREIEN WELT 26/1986:

Leidenschaft kaukasisch

"Obwohl sie nicht die ersten kaukasischen Künstler waren, die ich sah, gelang es dem Staatlichen Tanzensemble "Wainach" der Tschetscheno-Inguschischen ASSR, mich restlos zu begeistern. Und nicht nur mich. Vier Wochen lang war das Ensemble in der DDR unterwegs, in den Bezirken Berlin, Neubrandenburg, Cottbus, Gera, Magdeburg, Rostock, Schwerin, Erfurt, Leipzig, Halle, Suhl - mit insgesamt sechzehn Vorstellungen. Mir ganz und gar unbegreiflich, wie das Menisken, Kniescheiben, Ellenbogenknochen, Fußspitzen (in den berühmten hauchdünnen Saffianstiefeln) durchzuhalten vermögen. Beim Auftritt im Berliner Maxim-Gorki-Theater war in (beim Eintanzen) auf der Bühne, während der Vorstellung im Zuschauerraum, in der Pause auf Stimmenfang, nach der Vorstellung hinter der Bühne. Topa Elembajew, der künstlerische Leiter und Chefballettmeister des Ensembles. Er sagte mir, dass sich die Tschetschenen und Inguschen gemeinsam Wainachen nennen. `Wainach´ wurde 1939 gegründet. `Das Ensemble hat es sich zur Aufgabe gemacht, die historischen Traditionen der Tänze, Lieder und Legenden unser beiden Völker zu hegen und zu pflegen.´

Im Zuschauerraum: Nach jedem Tanz großer Beifall (Umar Dimajew, Volkskünstler der Tschetscheno-Inguschischen ASSR: `So temperamentvoll habe ich mir die Berliner nun wirklich nicht vorgestellt.´)

In der Pause: Ich frage junge und alte Zuschauer - , so einen Heizer, eine Schülerin, einen Ofensetzer, einen Rentner, einen Hochschullehrer, einen türkischen Regisseur, einen Bauarbeiter. Alle sind hingerissen von den Tänzen, dem Farbenreichtum der - vor allem orientalischen - Kostüme, der rassigen Schönheit der Frauen und - Männer (Meister der Choreographie ist Machmud Esambajew, Volkskünstler der RSFRS. Aber kein von mir Befragter weiß mehr über die Tschetschenen und Inguschen als dies: Es sind Völker aus dem Kaukasus. Hinter der Bühne: Alle Ensemblemitglieder sind lauthals glücklich. `Wenn wir nur halb zu gut wqren wie Ihr Publikum´, sagt Sulai Sadarlowa, Verdiente Volkskünstlerin der Tschetscheno-Inguschischen ASSR, `dann waren wir gar nicht so schlecht.´ Und der Minister für Kultur der ASSR der Tschetschenen und Inguschen, Genosse Kindalrow, bittet mich: `Begleiten Sie uns morgen durch Berlin, ich möchte, dass Sie sehen, dass alle Ensemblemitglieder moderne junge Leute sind. Wir kommen zwar aus den Bergen, leben zum Teil 2 800 Meter hoch, aber wir leben dennoch nicht hinter den sieben Bergen.´ Wovon ich mich anderntags beim improvisierten tanz vor dem Schauspielhaus (siehe Foto) überzeugen kann. Bliebe noch nachzutragen, dass die ASSR der Tschetschenen (756 000 Menschen) und Inguschen (186 000) eine Größe von 19 300 Quadratkilometern hat. Wenn sie auch malerisch zwischen den schneebedeckten Höhen und den weiten Ebenen des Kaukasus gelegen ist, so ist sie heute auch eine ASSR mit großen Industriebetrieben und entwickelter Landwirtschaft. Erinnert sei daran, dass die Tschetschenen und Inguschen 1982 mit einer Sonderausstellung zur Leipziger Messe weilten und für viele Erzeugnisse Goldmedaillen mit nach Hause nahmen."

Tänzerinnen bei einem Konzert des Tschetscheno-Inguschischen Tanzensembles "Wainach" in Berlin.

Foto aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

 

Tänzerinnen bei einem Konzert des Tschetscheno-Inguschischen Tanzensembles "Wainach" in Nasran.

Foto aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

Das indianische Märchen Wie das Salz ins Weiße Meer kam:

*

Es waren einmal  zwei Brüder, der eine reich, der andere arm. Zur brreujahrsfeier war das Haus des Armen leer. Keine Geschenke lagen unter der Neujahrstanne. Ja, es gab nichts, was der Arme aufzutischen hätte, womit er wenigstens n diesem Abend seiner

*

 

 

Als Reporterin der Illustrierten FREIE WELT bereiste ich

 

LESEPROBE

 „Die Tschetschenen sind ein großes Volk, kennen aber keinen Adel. `Wir alle sind Fürsten´, sagen die Tschetschenen stolz, das Volk, das keine Obrigkeit hat, nie eine besaß und in dessen Sprache man das Wort Befehl nicht übertragen kann.“

Essad Bey (das ist Lev Nussimbaum, als Sohn eines jüdischen Ölmagnaten 1905 im aserbaidschanischen Baku geboren, gestorben 1942 im italienischen Positano)   in: 12 Geheimnisse des Kaukasus, 2008 (Die Erstausgabe dieses Buches erschien 1931.)

 

 Rezensionen und Literaturhinweise (Auswahl) zu den TSCHETSCHENEN:

Rezension in meiner Webseite www.reller-rezensionen.de

 

KATEGORIE BELLETRISTIK: Steffi Chotiwari-Jünger (Hrsg.), Die Literaturen der Völker Kaukasiens, Neue Übersetzungen und deutschsprachige Bibliographie, Literatur der Abasiner, Abchasen, Adygen, Agulen, Armenier, Aserbaidshaner, Awaren, Balkaren, Darginer, Georgier, Inguschen, Kabardiner, Karatschaier, Kumyken, Kurden, Lakier, Lesginer, Nogaier, Osseten, Rutulen, Tabassaraner, Taten, Tschetschenen, Ubychen, Uden, Zachuren, Zowatuschen (Bazben)., Reichert Verlag, Wiesbaden 2003.

"Am meisten an diesem außerordentlich arbeitsaufwendigen Buch beeindruckt die gelungene Mischung von Lesevergnügen und Wissenschaftlichkeit. Hier kommt sowohl der Literatur liebende Leser auf seine Kosten als auch der Kaukasusspezialist."

In: www.reller-rezensionen.de

Literaturhinweise (Auswahl)

 

 * Monika Buttler, Die Kaukasus-Kost der Hundertjährigen, Rezepte für ein langes Leben, Urania Verlag, Berlin 1999.

Die Bewohner des Kaukasus leben nicht nur lange, sondern erhalten sich auch bis ins hohe Alter ihre Lebensfreude und eine beneidenswerte Gesundheit. Die Ernährung spielt dabei eine entscheidende Rolle. Der ausführliche Rezeptteil des Büchleins kulminiert in einem Farbteil mit einem opulent fotografierten Freundschaftsessen und einem erotischen Menü für zwei Personen, das aus einem Mango-Kefir-Drink, Spargelsuppe, einem Selleriecocktail, Wolfsbarsch mit Safran-Sauche und Reis, Feigen in Granatapfel-Sauce und einem Kardamom-Kaffee besteht...

 

Roderich von Erckert, Der Kaukasus und seine Völker, Mit Textabbildungen, etc., Verlag von Paul Frohberg, Leipzig, 1887.

Aus der Einführung: "Ein zweijähriger Aufenthalt auf dem Kaukasus in höherer militärischer Stellung, gab durch dienstliche und private zu wissenschaftlichem Zweck unternommene ausgedehnte Reisen die Möglichkeit und Gelegenheit, Land und Leute in verschiedenen Gegenden und Gruppen zu erforschen und für vieles eine Anschauung zu gewinnen, was ausserhalb der gewöhnlichen Reiserouten liegt. Wenn die Schilderung freilich ein zusammenhängendes, umfassendes Ganzes bilden kann, so darf sie vielleicht den Anspruch erheben, einigen Werth darin zu besitzen, dass sie auf an Ort und Stelle gesammelten persönlichen Angaben und Eindrücken beruht, dass mit eigenen Augen geschaut, mit eigenem Ohr gehört wurde. (...) Anstrengung, Zeit und materielle Opfer, selbst Gefahr bei lokalen Schwierigkeiten wurden nicht gescheut, - in erster Linie aber anthropologische und ethnographische Forschungen angestellt, um möglichst alle noch wenige bekannte oder in vielem unbekannte Völker und Volksstämme auf dem Kamm des Gebirges und dessen Nordabhängen zu besuchen."

* Wladimir Markowin/Rauf Muntschajew, Kunst und Kultur im Nordkaukasus, Übertragung aus dem Russischen von Alexander Häusler, mit zahlreichen Zeichnungen und Fotos, E. A. Seemann Verlag, Leipzig 1988.

Der Nordkaukasus ist seit Jahrtausenden Siedlungsgebiet einer Vielzahl großer und kleiner Völkerschaften mit einer eigenständigen Kultur und Kunst. Nach dem zweiten Weltkrieg setzte eine intensive systematische Erforschung der Vergangenheit dieses Gebietes zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer ein, woran der Moskauer Wissenschaftler Wladimir Markowin und der dagestanische Archäologe R. Muntschajew, beide Mitarbeiter des Instituts für Archäologie der Akademie der Wissenschaften in Moskau, maßgeblich beteiligt sind. Die Autoren legen mit diesem Buch erstmals einen Gesamtüberblick über die kulturhistorische Entwicklung in diesem Teil der Russischen Föderation vom Paläolithikum bis zum späten Mittelalter vor. Felsbilder, die berühmten Gold- und Silberfunde aus Maikop, die Koban- und Skythenkunst, das künstlerische Wirken der Alanen und Chasaren oder die Architektur des alten Derbent sind ebenso Gegenstand dieser Arbeit wie das vielgestaltige spätmittelalterliche Kunsthandwerk.

 

 

 * German Sadulajew, Ich bin Tschetschene, Aus dem Russischen von Franziska Zwerg, Ammann Verlag, Zürich 2009.

German Sadulajew, 1973 als  Sohn  einer Russin und eines Tschetschenen in Tschetschenien geboren, hat u. a. auf dem Bau, in einem vegetarischen Restaurant und bei einer indischen Teekompanie gearbeitet. Dann hat er ein Jurastudium in St. Petersburg absolviert und arbeitet heute dort als Rechtsanwalt. Sein Roman ist ein gelungener literarischer Versuch, die tschetschenische Tragödie zu begreifen.

 

* Märchen der Völker der RSFSR, darin das tschetschenische Märchen "Wie der Mulla eine Lehre erhielt", Illustriert von Hadshi-Murad Alichanow, Raduga-Verlag, Moskau 1968 (?).

 

 

 

 

 

 

 

1. Streifenornament

 

 

 

 

Bibliographie zu Gisela Reller

 

Bücher als Autorin:

 

Länderbücher:

 

* Zwischen Weißem Meer und Baikalsee, Bei den Burjaten, Adygen und Kareliern,  Verlag Neues Leben, Berlin 1981, mit Fotos von Heinz Krüger und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

* Diesseits und jenseits des Polarkreises, bei den Südosseten, Karakalpaken, Tschuktschen und asiatischen Eskimos, Verlag Neues Leben, Berlin 1985, mit Fotos von Heinz Krüger und Detlev Steinberg und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

* Von der Wolga bis zum Pazifik, bei Tuwinern, Kalmyken, Niwchen und Oroken, Verlag der Nation, Berlin 1990, 236 Seiten mit Fotos von Detlev Steinberg und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

Biographie:

 

* Pater Maksimylian Kolbe, Guardian von Niepokalanów und Auschwitzhäftling Nr. 16 670, Union Verlag, Berlin 1984, 2. Auflage.

 

 

... als Herausgeberin:

 

Sprichwörterbücher:

 

* Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), von mir übersetzt und herausgegeben, illustriert von Wolfgang Würfel.

* Dein Freund ist dein Spiegel, ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, von mir gesammelt und zusammengestellt, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, die Illustrationen stammen von Karl Fischer, die Gestaltung von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT, Berlin 1986.

 * Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber mit Sprichwörtern zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, von mir (nach einer Interlinearübersetzung von Gertraud Ettrich) in Sprichwortform gebracht, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch.

Aphorismenbuch:

* 666 und sex mal Liebe, Auserlesenes, 2. Auflage, Mitteldeutscher Verlag Halle/Leipzig, 200 Seiten mit Vignetten und Illustrationen von Egbert Herfurth.

 

... als Mitautorin:

 

Kinderbücher:

 

* Warum? Weshalb? Wieso?, Ein Frage-und-Antwort-Buch für Kinder, Band 1 bis 5, Herausgegeben von Carola Hendel, reich illustriert, Verlag Junge Welt, Berlin 1981 -1989.

 

Sachbuch:

 

* Die Stunde Null, Tatsachenberichte über tapfere Menschen in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges, Hrsg. Ursula Höntsch, Verlag der Nation 1966.

 

 

... als Verantwortliche Redakteurin:

 

* Leben mit der Erinnerung, Jüdische Geschichte in Prenzlauer Berg, Edition  Hentrich, Berlin 1997, mit zahlreichen Illustrationen.

 

* HANDSCHLAG, Vierteljahreszeitung für deutsche Minderheiten im Ausland, Herausgegeben vom Kuratorium zur kulturellen Unterstützung deutscher Minderheiten im Ausland e. V., Berlin 1991 - 1993.

 

 

2. Streifenornament

 

 

 

 

 

 

Pressezitate (Auswahl) zu Gisela Rellers Buchveröffentlichungen:

Dieter Wende in der „Wochenpost“ Nr. 15/1985:

„Es ist schon eigenartig, wenn man in der Wüste Kysyl-Kum von einem Kamelzüchter gefragt wird: `Kennen Sie Gisela Reller?´ Es ist schwer, dieser Autorin in entlegenen sowjetischen Regionen zuvorzukommen. Diesmal nun legt sie mit ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik Berichte aus Kalmykien, Tuwa und von der Insel Sachalin vor. Liebevolle und sehr detailgetreue Berichte auch vom Schicksal kleiner Völker. Die ethnografisch erfahrene Journalistin serviert Besonderes. Ihre Erzählungen vermitteln auch Hintergründe über die Verfehlungen bei der Lösung des Nationalitätenproblems.“

B(erliner) Z(eitung) am Abend vom 24. September 1981:

"Gisela Reller, Mitarbeiterin der Ilustrierten FREIE WELT, hat autonome Republiken und gebiete kleiner sowjetischer Nationalitäten bereist: die der Burjaten, Adygen und Karelier. Was sie dort ... erlebte und was Heinz Krüger fotografierte, ergíbt den informativen, soeben erschienenen Band Zwischen Weißem Meer und Baikalsee."

Sowjetliteratur (Moskau)Nr. 9/1982:

 "(...) Das ist eine lebendige, lockere Erzählung über das Gesehene und Erlebte, verflochten mit dem reichhaltigen, aber sehr geschickt und unaufdringlich dargebotenen Tatsachenmaterial. (...) Allerdings verstehe ich sehr gut, wie viel Gisela Reller vor jeder ihrer Reisen nachgelesen hat und wie viel Zeit nach der Rückkehr die Bearbeitung des gesammelten Materials erforderte. Zugleich ist es ihr aber gelungen, die Frische des ersten `Blickes´ zu bewahren und dem Leser packend das Gesehene und Erlebte mitzuteilen. (...) Es ist ziemlich lehrreich - ich verwende bewusst dieses Wort: Vieles, was wir im eigenen Lande als selbstverständlich aufnehmen, woran wir uns ja gewöhnt haben und was sich unserer Aufmerksamkeit oft entzieht, eröffnet sich für einen Ausländer, sei es auch als Reisender, der wiederholt in unserem Lande weilt, sozusagen in neuen Aspekten, in neuen Farben und besitzt einen besonderen Wert. (...) Mir gefällt ganz besonders, wie gekonnt sich die Autorin an literarischen Quellen, an die Folklore wendet, wie sie in den Text ihres Buches Gedichte russischer Klassiker und auch wenig bekannter nationaler Autoren, Zitate aus literarischen Werken, Märchen, Anekdoten, selbst Witze einfügt. Ein treffender während der Reise gehörter Witz oder Trinkspruch verleihen dem Text eine besondere Würze. (...) Doch das Wichtigste im Buch Zwischen Weißem Meer und Baikalsee sind die Menschen, mit denen Gisela Reller auf ihren Reisen zusammenkam. Unterschiedlich im Alter und Beruf, verschieden ihrem Charakter und Bildungsgrad nach sind diese Menschen, aber über sie alle vermag die Autorin kurz und treffend mit Interesse und Sympathie zu berichten. (...)"

Neue Zeit vom 18. April 1983:

„In ihrer biographischen Skizze über den polnischen Pater Maksymilian Kolbe schreibt Gisela Reller (2. Auflage 1983) mit Sachkenntnis und Engagement über das Leben und Sterben dieses außergewöhnlichen Paters, der für den Familienvater Franciszek Gajowniczek freiwillig in den Hungerbunker von Auschwitz ging.“

Der Morgen vom 7. Februar 1984:

„`Reize lieber einen Bären als einen Mann aus den Bergen´. Durch die Sprüche des Kaukasischen Spruchbeutels weht der raue Wind des Kaukasus. Der Spruchbeutel erzählt auch von Mentalitäten, Eigensinnigkeiten und Bräuchen der Adygen, Osseten und Dagestaner. Die Achtung vor den Alten, die schwere Stellung der Frau, das lebensnotwendige Verhältnis zu den Tieren. Gisela Reller hat klug ausgewählt.“

1985 auf dem Solidaritätsbasar auf dem Berliner Alexanderplatz: Gisela Reller (vorne links) verkauft ihren „Kaukasischen Spruchbeutel“ und 1986 das extra für den Solidaritätsbasar von ihr herausgegebene Sprichwörterbuch „Dein Freund ist Dein Spiegel“.

Foto: Alfred Paszkowiak

 Neues Deutschland vom 15./16. März 1986:

"Vor allem der an Geschichte, Bräuchen, Nationalliteratur und Volkskunst interessierte Leser wird manches bisher `Ungehörte´ finden. Er erfährt, warum im Kaukasus noch heute viele Frauen ein Leben lang Schwarz tragen und was es mit dem `Ossetenbräu´ auf sich hat, weshalb noch 1978 in Nukus ein Eisenbahnzug Aufsehen erregte und dass vor Jahrhunderten um den Aralsee fruchtbares Kulturland war, dass die Tschuktschen vier Begriff für `Freundschaft´, aber kein Wort für Krieg besitzen und was ein Parteisekretär in Anadyr als notwendigen Komfort, was als entbehrlichen Luxus ansieht. Großes Lob verdient der Verlag für die großzügige Ausstattung von Diesseits und jenseits des Polarkreises.“

 

 Gisela Reller während einer ihrer über achthundert Buchlesungen

in der Zeit von 1981 bis 1991.

Berliner Zeitung vom 2./3. Januar 1988:

„Gisela Reller hat klassisch-deutsche und DDR-Literatur auf Liebeserfahrungen durchforscht und ist in ihrem Buch 666 und sex mal Liebe 666 und sex mal fündig geworden. Sexisch illustriert, hat der Mitteldeutsche Verlag Halle alles zu einem hübschen Bändchen zusammengefügt.“

Neue Berliner Illustrierte (NBI) Nr. 7/88:

„Zu dem wohl jeden bewegenden Thema finden sich auf 198 Seiten 666 und sex mal Liebe mannigfache Gedanken von Literaten, die heute unter uns leben, sowie von Persönlichkeiten, die sich vor mehreren Jahrhunderten dazu äußerten.“

Das Magazin Nr. 5/88.

"`Man gewöhnt sich daran, die Frauen in solche zu unterscheiden, die schon bewusstlos sind, und solche, die erst dazu gemacht werden müssen. Jene stehen höher und gebieten dem Gedenken. Diese sind interessanter und dienen der Lust. Dort ist die Liebe Andacht und Opfer, hier Sieg und Beute.´ Den Aphorismus von Karl Kraus entnahmen wir dem Band 666 und sex mal Liebe, herausgegeben von Gisela Reller und illustriert von Egbert Herfurth."

 

Schutzumschlag zum „Buch 666 und sex mal Liebe“ .

Zeichnung: Egbert Herfurth

 

FÜR DICH, Nr. 34/89:

 

"Dem beliebten Büchlein 666 und sex mal Liebe entnahmen wir die philosophischen und frechen Sprüche für unser Poster, das Sie auf dem Berliner Solidaritätsbasar kaufen können. Gisela Reller hat die literarischen Äußerungen zum Thema Liebe gesammelt, Egbert Herfurth hat sie trefflich illustriert."

Messe-Börsenblatt, Frühjahr 1989:

"Die Autorin – langjährige erfolgreiche Reporterin der FREIEN WELT - ist bekannt geworden durch ihre Bücher Zwischen Weißem Meer und Baikalsee und Diesseits und jenseits des Polarkreises. Diesmal schreibt die intime Kennerin der Sowjetunion in ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik über die Kalmyken, Tuwiner und die Bewohner von Sachalin, also wieder über Nationalitäten und Völkerschaften. Ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wird uns in fesselnden Erlebnisberichten nahegebracht."

Im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel schrieb ich in der Ausgabe 49 vom 7. Dezember 1982 unter der Überschrift „Was für ein Gefühl, wenn Zuhörer Schlange stehen“:

„Zu den diesjährigen Tagen des sowjetischen Buches habe ich mit dem Buch Zwischen Weißem Meer und Baikalsee mehr als zwanzig Lesungen bestritten. (…) Ich las vor einem Kreis von vier Personen (in Klosterfelde) und vor 75 Mitgliedern einer DSF-Gruppe in Finow; meine jüngsten Zuhörer waren Blumberger Schüler einer 4. Klasse, meine älteste Zuhörerin (im Schwedter Alten- und Pflegeheim) fast 80 Jahre alt. Ich las z.B. im Walzwerk Finow, im Halbleiterwerk Frankfurt/Oder, im Petrolchemischen Kombinat Schwedt; vor KIM-Eiersortierern in Mehrow, vor LPG-Bauern in Hermersdorf, Obersdorf und Bollersdorf; vor zukünftigen Offizieren in Zschopau; vor Forstlehrlingen in Waldfrieden; vor Lehrlingen für Getreidewirtschaft in Kamenz, vor Schülern einer 7., 8. und 10 Klasse in Bernau, Schönow und Berlin; vor Pädagogen in Berlin, Wandlitz, Eberswalde. - Ich weiß nicht, was mir mehr Spaß gemacht hat, für eine 10. Klasse eine Geographiestunde über die Sowjetunion einmal ganz anders zu gestalten oder Lehrern zu beweisen, dass nicht einmal sie alles über die Sowjetunion wissen – was bei meiner Thematik – `Die kleinen sowjetischen Völkerschaften!´ – gar nicht schwer zu machen ist. Wer schon kennt sich aus mit Awaren und Adsharen, Ewenken und Ewenen, Oroken und Orotschen, mit Alëuten, Tabassaranern, Korjaken, Itelmenen, Kareliern… Vielleicht habe ich es leichter, Zugang zu finden als mancher Autor, der `nur´ sein Buch oder Manuskript im Reisegepäck hat. Ich nämlich schleppe zum `Anfüttern´ stets ein vollgepacktes Köfferchen mit, darin von der Tschuktschenhalbinsel ein echter Walrosselfenbein-Stoßzahn, Karelische Birke, burjatischer Halbedelstein, jakutische Rentierfellbilder, eskimoische Kettenanhänger aus Robbenfell, einen adygeischen Dolch, eine karakalpakische Tjubetejka, der Zahn eines Grauwals, den wir als FREIE WELT-Reporter mit harpuniert haben… - Schön, wenn alles das ganz aufmerksam betrachtet und behutsam befühlt wird und dadurch aufschließt für die nächste Leseprobe. Schön auch, wenn man schichtmüde Männer nach der Veranstaltung sagen hört: `Mensch, die Sowjetunion ist ja interessanter, als ich gedacht habe.´ Oder: `Die haben ja in den fünfundsechzig Jahren mit den `wilden´ Tschuktschen ein richtiges Wunder vollbracht.´ Besonders schön, wenn es gelingt, das `Sowjetische Wunder´ auch denjenigen nahezubringen, die zunächst nur aus Kollektivgeist mit ihrer Brigade mitgegangen sind. Und: Was für ein Gefühl, nach der Lesung Menschen Schlange stehen zu sehen, um sich für das einzige Bibliotheksbuch vormerken zu lassen. (Schade, wenn man Kauflustigen sagen muss, dass das Buch bereits vergriffen ist.) – Dank sei allen gesagt, die sich um das zustande kommen von Buchlesungen mühen – den Gewerkschaftsbibliothekaren der Betriebe, den Stadt- und Kreisbibliothekaren, den Buchhändlern, die oft aufgeregter sind als der Autor, in Sorge, `dass auch ja alles klappt´. – Für mich hat es `geklappt´, wenn ich Informationen und Unterhaltung gegeben habe und Anregungen für mein nächstes Buch mitnehmen konnte.“

 

Die Rechtschreibung der Texte wurde behutsam der letzten Rechtschreibreform angepasst.

Die TSCHETSCHENEN wurden am 25.10.2015 ins Netz gestellt. Die letzte Bearbeitung erfolgte am 03.02.2016.

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Zeichnung: Karl-Heinz Döhring