Vorab!

Leider kommt im Internet bei meinem (inzwischen veralteten) FrontPage-Programm  längst nicht alles so, wie von mir in html angegeben. Farben kommen anders, als von mir geplant, Satzbreiten wollen nicht so wie von mir markiert, Bilder kommen manchmal an der falschen  Stelle, und - wenn  ich  Pech  habe  -  erscheint  statt  des  Bildes  gar  eine  Leerstelle.

Was tun? Wer kann helfen?

 

*

Wird laufend bearbeitet!

 

 

Ich bin ein Ischore: Der

 

 

Foto:

 

 

 

Wenn wir für das eine Volk eine Zuneigung oder gegen das andere eine Abneigung hegen, so beruht das, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, auf dem, was wir von dem jeweiligen Volk wissen oder zu wissen glauben. Das ist – seien wir ehrlich – oft sehr wenig, und manchmal ist dieses Wenige auch noch falsch.  

Ich habe für die Berliner Illustrierte FREIE WELT jahrelang die Sowjetunion bereist, um – am liebsten - über abwegige Themen zu berichten: über Hypnopädie und Suggestopädie, über Geschlechtsumwandlung und Seelenspionage, über Akzeleration und geschlechtsspezifisches Kinderspielzeug... Außerdem habe ich mit jeweils einem deutschen und einem Wissenschaftler aus dem weiten Sowjetland vielteilige Lehrgänge erarbeitet.* Ein sehr interessantes Arbeitsgebiet! Doch 1973, am letzten Abend meiner Reise nach Nowosibirsk – ich hatte viele Termine in Akademgorodok, der russischen Stadt der Wissenschaften – machte ich einen Abendspaziergang entlang des Ob. Und plötzlich wurde mir klar, dass ich zwar wieder viele Experten kennengelernt hatte, aber mit der einheimischen Bevölkerung kaum in Kontakt gekommen war.  

Da war in einem magischen Moment an einem großen sibirischen Fluss - Angesicht in Angesicht mit einem kleinen (grauen!) Eichhörnchen - die große FREIE WELT-Völkerschafts-Serie** geboren!  

Und nun reiste ich ab 1975 jahrzehntelang zu zahlreichen Völkern des Kaukasus, war bei vielen Völkern Sibiriens, war in Mittelasien, im hohen Norden, im Fernen Osten und immer wieder auch bei den Russen. 

Nach dem Zerfall der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zog es mich – nach der wendegeschuldeten Einstellung der FREIEN WELT***, nun als Freie Reisejournalistin – weiterhin in die mir vertrauten Gefilde, bis ich eines Tages mehr über die westlichen Länder und Völker wissen wollte, die man mir als DDR-Bürgerin vorenthalten hatte.

Nach mehr als zwei Jahrzehnten ist nun mein Nachholebedarf erst einmal gedeckt, und ich habe das Bedürfnis, mich wieder meinen heißgeliebten Tschuktschen, Adygen, Niwchen, Kalmyken und Kumyken, Ewenen und Ewenken, Enzen und Nenzen... zu widmen. 

Deshalb werde ich meiner Webseite www.reller-rezensionen.de (mit inzwischen weit mehr als fünfhundert Rezensionen), die seit 2002 im Netz ist, ab 2013 meinen journalistischen Völkerschafts-Fundus von fast einhundert Völkern an die Seite stellen – mit ausführlichen geographischen und ethnographischen Texten, mit Reportagen, Interviews, Sprichwörtern, Märchen, Gedichten, Literaturhinweisen, Zitaten aus längst gelesenen und neu erschienenen Büchern; so manches davon, teils erstmals ins Deutsche übersetzt, war bis jetzt – ebenfalls wendegeschuldet – unveröffentlicht geblieben. 

Sollten sich in meinem Material Fehler oder Ungenauigkeiten eingeschlichen haben, teilen Sie mir diese bitte am liebsten in meinem Gästebuch oder per E-Mail gisela@reller-rezensionen.de mit. Überhaupt würde ich mich über ein Feedback freuen!

Gisela Reller 

    * Lernen Sie Rationelles Lesen" / "Lernen Sie lernen" / "Lernen Sie reden" / "Lernen Sie essen" / "Lernen Sie, nicht zu rauchen" / "Lernen Sie schlafen" / "Lernen Sie logisches Denken".

 

  ** Im 1999 erschienenen Buch „Zwischen `Mosaik´ und `Einheit´. Zeitschriften in der DDR“ von Simone Barck, Martina Langermann, Siegfried Lokatis (Hrsg.), erschienen im Berliner Ch. Links Verlag, ist eine Tabelle veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass die Völkerschaftsserie der FREIEN WELT von neun vorgegebenen Themenkreisen an zweiter Stelle in der Gunst der Leser stand – nach „Gespräche mit Experten zu aktuellen Themen“.

(Quelle: ZA Universität Köln, Studie 6318)

 

*** Christa Wolf zur Einstellung der Illustrierten FREIE WELT in ihrem Buch "Auf dem Weg nach Tabou, Texte 1990-1994", Seite 53/54: „Aber auf keinen Fall möchte ich den Eindruck erwecken, in dieser Halbstadt werde nicht mehr gelacht. Im Gegenteil! Erzählt mir doch neulich ein Kollege aus meinem Verlag (Helmut Reller) – der natürlich wie zwei Drittel der Belegschaft längst entlassen ist –, daß nun auch seine Frau (Gisela Reller), langjährige Redakteurin einer Illustrierten (FREIE WELT) mitsamt der ganzen Redaktion gerade gekündigt sei: Die Zeitschrift werde eingestellt. Warum wir da so lachen mußten? Als im Jahr vor der `Wende´ die zuständige ZK-Abteilung sich dieser Zeitschrift entledigen wollte, weil sie, auf Berichterstattung aus der Sowjetunion spezialisiert, sich als zu anfällig erwiesen hatte, gegenüber Gorbatschows Perestroika, da hatten der Widerstand der Redaktion und die Solidarität vieler anderer Journalisten das Blatt retten können. Nun aber, da die `Presselandschaft´ der ehemaligen DDR, der `fünf neuen Bundesländer´, oder, wie der Bundesfinanzminister realitätsgerecht sagt: `des Beitrittsgebiets´, unter die vier großen westdeutschen Zeitungskonzerne aufgeteilt ist, weht ein schärferer Wind. Da wird kalkuliert und, wenn nötig, emotionslos amputiert. Wie auch die Lyrik meines Verlages (Aufbau-Verlag), auf die er sich bisher viel zugute hielt: Sie rechnet sich nicht und mußte aus dem Verlagsprogramm gestrichen werden. Mann, sage ich. Das hätte sich aber die Zensur früher nicht erlauben dürfen! – "Das hätten wir uns von der auch nicht gefallen lassen", sagt eine Verlagsmitarbeiterin.

Wo sie recht hat, hat sie recht.“

Gisela Reller

Wenn Sie sich die folgenden Texte zu Gemüte geführt und Lust bekommen haben, Estland zu bereisen und auch die Ischoren kennenzulernen, sei Ihnen ?Reisen empfohlen; denn – so lautet ein ischorisches Sprichwort -

 

Reisen ist pures Glück.

 

 

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Die ISCHOREN… (Eigenbezeichnung: )

Bevölkerung: In der Region St. Petersburg, vor allem in den Distrikten Lomonossow und Kingisepsk lebt der karelische Stamm der Ischoren, dessen Sprache der finnisch-ugrischen Sprachfamilie angehört. Ursprünglich saßen die Ischoren im Herrschaftsbereich von Nowgorod zwischen Ladogasee und Newa, aber um die Zeit um 1000 n. Chr. wanderte das kleine Volk in das Einzugsgebiet des Flusses Ischor südlich des finnischen Meerbusens ein – und bekam danach seinen heutigen Namen. Die Ischoren ließen sich später taufen, sind daher längst orthodoxe Christen und verwenden als Schriftsprache das Russische. Die eigene Muttersprache beherrschen nur noch wenige der rund 1000 Ischoren, da für den beruflichen Aufstieg die Beherrschung des Russischen unerlässlich ist. Die Ischoren sind Landwirte, geschickte Fischer und vielseitige Handwerker.

Fläche:

Geschichtliches:

Staatsgefüge:

Verbannungsgebiet:

Hauptstadt:

Wirtschaft:

Typisches Kunstgewerbe der Karelier: kleine Aufbewahrungsschatulle aus Stroh.
(Zeichnung: Karl-Heinz Döhring)

Verkehr:  

Sprache/Schrift:

Literatursprache/Literatur:

Bildung:

Gesundheitswesen:

Klima:

Natur/Umwelt:

Pflanzen- und Tierwelt:

Behausungen:

Ernährung:

Kleidung:

Folklore:

Feste/Bräuche:

Religion:

Ereignisse nach dem Zerfall der Sowjetunion, sofern sie nicht bereits oben aufgeführt sind:

Kontakte zur Bundesrepublik Deutschland:

 

Interessant, zu wissen..., dass der besondere Reichtum der Region Stawropol seine Heilwasserquellen sind.

Nach dem Reichtum an mannigfaltigen wertvollen Mineralwasserquellen und Heilschlamm haben sie in ganz Eurasien nicht Ihresgleichen. Die Heilkraft der hiesigen Mineralwasserquellen ist der einheimischen Bevölkerung seit langem bekannt. Darüber erzählen vor allem Legenden der Tscherkessen und ABASINER, in denen

 

 Heimat ist da, wo man beerdigt sein möchte.

Sprichwort der Ischoren

 

Als Journalistin der Illustrierten FREIE WELT – die als Russistin ihre Diplomarbeit über russische Sprichwörter geschrieben hat - habe ich auf allen meinen Reportagereisen in die Sowjetunion jahrzehntelang auch Sprichwörter der dort ansässigen Völker gesammelt - von den Völkern selbst,  von einschlägigen Wissenschaftlern und Ethnographen, aus Büchern ... - bei einem vierwöchigen Aufenthalt in Moskau saß ich Tag für Tag in der Leninbibliothek. So ist von mir erschienen: 

* Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), von mir übersetzt und herausgegeben, illustriert von Wolfgang Würfel.

* Dein Freund ist dein Spiegel, ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, von mir gesammelt und zusammengestellt, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, die Illustrationen stammen von Karl Fischer, die Gestaltung von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT, Berlin 1986.

 * Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber mit Sprichwörtern zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, von mir (nach einer Interlinearübersetzung von Gertraud Ettrich) in Sprichwortform gebracht, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch.

Ich bin, wie man sieht, gut damit gefahren, es mit diesem turkmenischen Sprichwort zu halten: Hast du Verstand, folge ihm; hast du keinen, gibt`s ja noch die Sprichwörter.

Hier fünfzehn ischorische Sprichwörter als Kostprobe: 

 

(Unveröffentlicht)

 

Arbeit hat noch keinen Menschen verdorben.

Wer gemeinsam zum Brunnen geht, steht auch auf dem Druschplatz beisammen.

Im Dorf sieht´s das Dorf, im Wald sehen´s nur die Bäume.

Einigkeit macht selbst die Erle biegsam, Hader - den Wacholder.

Wenn die Fische nicht beißen, bleibt dir zum Trost der Wurm.

Zusammen mit einem guten wird auch ein schlechter Gast satt.

Mach´s gut, schlecht wird´s von allein.

Und wenn´s Haferbrot ist, Hauptsache ein Gastgeschenk.

Hass macht kein Brot wachsen, Neid holt keinen Fisch aus dem Wasser.

Steh in fremdem Haus nicht auf der Schwelle, wenn du dort nichts zu schaffen hast.

"Auf morgen" ist ein Herr sehr spendabel.

Wenn du dich über einen Gast freust, fällt dir auch ein, womit du ihn bewirten kannst.

Hoffnung ist im Leben keine Last.

Ein Bauer schläft nie, nur seine Kleidung ruht.

Sitzt du mit anderen in einem Kahn, halte dich an ihre Regeln.

Für die Jungen ist löblich, verheiratet zu sein, für die die Alten - wenn sie sich bei einer Schlacht hervorgetan haben.   16

 

 Gesammelt, aus dem Russischen übersetzt und in Sprichwortform gebracht: Gisela Reller

 

(Streifenornament)

 

Die INDIANER: Für Liebhaber gründlicher Texte

 

Als Reporterin der Illustrierten FREIE WELT bereiste ich 1978 KARELIEN. In meinem Buch „Zwischen Weißem Meer und Baikalsee“, 207 Seiten, mit zahlreichen Fotos von Heinz Krüger und ethnographischen Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring, 1981 im Verlag Neues Leben, Berlin, erschienen, habe ich über die Burjaten, Adygen und KARELIER geschrieben.

 

Vor-Karelisches (LESEPROBE aus: "Zwischen Weißem Meer und Baikalsee")

 „Nach dem hochsommerlichen Burjatien und dem schon herbstlichen Adygien verlangte es sowohl Kamerabesitzer als auch Notizbucheigentümerin nach einem anderen „Zeitabschnitt zwischen Aquinoktium und Solstitium“. Johann Warkentin, beauftragt, von Moskau aus meteorologische Erkundungen über den hohen Norden im allgemeinen und Karelien im besonderen einzuziehen, sandte poetische Antwort – ein Gedicht des karelischen Autors Jaakko Rugujew:

Die Jahreszeiten in Karelien // Reich ist Kareliens Sommer. / Wunderbar weich ist die Luft. / Blüten, geweckt von der Sonne, / verströmen den süßesten Duft. / Und Erdbeeren jede Menge / am Waldrand, im Wiesengrund. / Pflück Brombeeren an den Hängen - / blau sind im Nu Hand und Mund. / Silbern wallt in der Frühe / auf tauiger Heide der Dampf. / Die Sense schwing! / Für die Mühe / goldige Sonnbräune dankt. // Der Herbsthimmel ist zwar verhangen, / und freilich, zu tun gibt´s genug: / Das Korn wartet schon auf die Kammer, / das Stoppelfeld auf den Pflug. / Auch Fischnetze gilt es zu stellen… / doch hast du das alles getan, so schau in später Taghelle / die rührige Herbstzeit dir an: / So ganz ohne drückende Schwere / ihr festlicher Glanz ist und warm. / Wie köstlich blinken die Beeren / im Borkenkörbchen am Arm. // Und später – tief eingeschneit alles, / des kurzen Wintertags Grau: den Menschen aus Kalevala / sind Stürme von klein auf vertraut. / Weither aus den Waldparzellen / tönt emsiger Äxte Schlag. / Was tut´s, dass die beißende Kälte / die Wangen gerötet hat! / Dann gehen die Stämme auf Reisen, / und wir kommen richtig in Fahrt. / Es schüttelt hoch über der Schneise der Sonnenball seinen Bart. // Und erst dieser herrliche Frühling! / Wer unseren Frühling nicht schätzt, / was weiß der von menschlichem Fühlen! / Verkümmert, verdorrt ist sein Herz! / Die Sonne klopft sacht an die Scheiben, / schon klingt´s unterm Dachrand: twit-twit. / Der Schwalben geschäftiges Treiben / besänftigt ein jedes Gemüt, / und jeder fühlt plötzlich begeistert - / sei´s auch für den Augenblick nur – der Säfte ewigen Kreislauf / der uralten, jungen Natur. // 

(Nachdichtung aus dem Russischen: Johann Warkentin)

Was tun? Besonders verlockend scheint fürwahr der herrliche karelische Frühling zu sein.  hin, Kreislauf der uralten, jungen Natur her, wir entscheiden uns für das

 

 

Warnung: Karelien ist zwischen Russland und Finnland geteilt. Der russische Teil umfasst die Republik Karelien und reicht in die Leningrader Oblast hinein, der finnische Teil teilt sich in die Landschaften Südkarelien und Nordkarelien. Es soll schon Reisende gegeben haben, die eigentlich in
die russische Republik Karelien wollten, sich aber in Süd- oder Nordkarelien in Finnland wiedergefunden haben – und umgekehrt!

 

 

Im Zug nach Petrosawodsk (LESEPROBE aus: "Zwischen Weißem Meer und Baikalsee") 

„Auf dem Leningrader Bahnhof in Moskau klettern wir in den Arktika-Express (importiert aus dem VEB Waggonbau Ammendorf). In dreiunddreißig Stunden und vierzig Minuten wird der Zug Murmansk erreicht haben, jene Stadt, die den einzigen eisfreien Hafen der sowjetischen Arktis besitzt.

* Meine Reisebegleiter sind Heinz Krüger, Bildreporter aus Falkensee, und Johann Warkentin, landeskundlicher Betreuer, Übersetzer und Nachdichter aus Moskau.
 

Die Murmanbahn oder auch Murmanskbahn ist die nördlichste Eisenbahnstrecke der Welt und eine der ältesten Bahnlinien Russlands. Die Murmanbahn ist heute eine von der Oktoberbahn betriebene Bahnverbindung zwischen Murmansk und St. Petersburg. Ihre Länge beträgt 1448 Kilometer. Mit der Murmanbahn fährt man quer durch Karelien, vorbei an unzähligen Seen und Wälder mit Überquerung des Polarkreises.

 

Petrosawodsk – Werk Peter I. (LESEPROBE aus: "Zwischen Weißem Meer und Baikalsee")

 An der Uferpromenade des Onegasees steht ein Bronzestandbild Peter I. Der Gründer von Petrosawodsk weist mit seiner rechten Hand auf die Mündung des Flusses Lossossinka, wo seine Waffenfabrik steht. Das Denkmal stand zunächst auf dem Runden Platz, musst dort aber 1930 – nach der Oktoberrevolution – einem Denkmal Lenins weichen.

 

 

200 Meter über der Erde (LESEPROBE aus: "Zwischen Weißem Meer und Baikalsee")

 

 „Gestiefelt und bepelzt erwarten wir anderntags Gennadi Wassiljewitsch. Er erscheint samt kishi-begeisterter Ehefrau pünktlich auf die Minute und strahlt. „Ich habe

 

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Die weltberühmte Preobashenskikirche mit zweiundzwanzig Zwiebeltürmen und die Pokrowskikirche mit neun Türmchen.

(Foto: Heinz Krüger)

 

 

Dieweil sich Gennadi mit der Begründung: `Ich war schon zweitausendzweihundertzwanzigmal da drin´ anschickt, einen ungeweihten Schneemann neben das heilige

 

 

Leider haben wir auf unserer Reise das Kloster Valaam aus Zeitgründen nicht besucht. Sollten Sie nach Karelien reisen, machen Sie unbedingt einen Abstecher zur Insel Valaam im Ladogasee. Es ist ein beeindruckender kulturhistorischer Komplex mit aktivem orthodoxem Kloster. Die Geschichte des Klosters ist weitgehend unbekannt und

von Legenden umrankt. Die Wissenschaftler glauben, dass es von zwei griechischen Mönchen gegründet wurde, die mit den ersten christlichen Missionaren nach Russland gekommen ware. Laut einer alten Klosterlegende lebten auf der Insel Valaam heidnische Stämme,

die den Gott Vaal verehrten. Auf seiner Reise durch slawische und skythische Gebiete durchquerte der Apostel Andreas den Norden Russlands und besuchte die Insel Valaam. Er bekehrte die Heiden und prophezeite Valaam eine wichtige Rolle

in der Geschichte des russischen Christentums.

 

Straßenbekanntschaft (LESEPROBE aus: "Zwischen Weißem Meer und Baikalsee")

„Begibt man sich vom `Sewernaja´ aus nach links, betritt man einen runden Platz. Auch fast alle Gebäude des ehemaligen `Rondells´ lagen wie siebzig Prozent von

 

 

Die Städtepartnerschaft zwischen Petrosawodsk und Neubrandenburg besteht seit 1983 intensiv

bis auf den heutigen Tag. 1996 zum Beispiel spielte der „Philharmonische Chor Neubrandenburg e.V.“, Mitglied im Verband Deutscher Konzertchöre, die Aufnahme von J. W. Hertels

"Die Geburt Jesu Christi“ ein. Seitdem ist das gemeinsame Musizieren mit Chören auch aus Petrosawodsk ein musikalischer Höhepunkt. - 1987 beschloss die Universitätsstadt Tübingen eine Partnerschaft mit einer ehemaligen Stadt der Sowjetunion. Die Sowjetische Botschaft in Bonn vermittelte den Kontakt zu der Universitätsstadt Petrosawodsk in Karelien; 1989 wurde der Partnerschaftsvertrag unterschrieben.

 

Junge Alte in Kindassowo (LESEPROBE aus: "Zwischen Weißem Meer und Baikalsee")

„Obgleich es in Karelien zwölf Städte gibt und vierzig Siedlungen städtischen Typs, passieren wir auf unserer fast einhundert Kilometer langen Fahrt nach

Als unsere Gastgeberinnen merken, wie uns ihr Kalekukko mundet, gestehen sie, dass sie bereits heute Morgen um fünf Uhr den Teig angerührt haben. Kalekukko sei nämlich ein Nationalgericht, für das man etwa sechs Stunden Herstellungszeit benötige. Und falls wir das Rezept haben wollten, hier sei es, berechnet für vier Personen:

 

200 g Roggen-, 200 g Weizenmehl, 60 g Butter, 800 g Seefischfilet, 200 g Speck, 2 Zwiebeln, Salz, Pfeffer, 2 Esslöffel Sahne, 1 Eigelb, Schmalz. / Aus Mehl, Butter, Salz und einer Tasse Wasser einen Teig breiten, ausrollen, zusammenlegen und für eine Stunde kalt stellen. Den Speck würfeln, die grob gehackten Zwiebeln darin anbraten und mit dem gewaschenen Filet durch den Wolf drehen. Die Masse mit Sahne verrühren und mit Salz und Pfeffer würzen. Den Teil nicht zu dünn in ein Rechteck ausrollen, die Fischmasse auf die eine Hälfte schichten, die andere darüber schlagen. Die Ränder fest andrücken und mit Eigelb bestreichen. Die Pirogge etwa drei Stunden bei schwacher Hitze backen. Hin und wieder mit Schmalz bestreichen. Den fertigen Kalekukko in ein Tuch wickeln, damit die Kruste nicht hart wird. Bevor der Fischkuchen aufgetragen wird, in Scheiben schneiden, mit brauner Butter übergießen.

 

Als sich die Solotänzerin erhebt, beziehen auch die übrigen Tänzerinnen Stellung. Zuerst tanzen sie eine Quadrille aus dem Hofleben Peters I. Dann folgt Tanz auf

 

(Foto:)

 

 

Dörfliche Karelier mit dem finnokarelischen Musikinstrument „Kantele“.

(Foto: FREIE WELT-Archiv)

 

 

`So alt wie mein Webstuhl´, kommentiert Alexandra Muchowina. Webt er noch? Und wie er webt! Wir überzeugen uns davon drei Häuser weiter. Hier in

 

 

Die Kantele ist eine griffbrettlose Kastenzither, die in Finnland, Estland und Karelien gespielt wird. Das Zupfinstrument besteht in der älteren Form aus einem flügelförmigen Resonanzkörper aus Holz, der aus einem ausgebrannten und mit dem Beil ausgehöhlten Birkenstamm besteht.

Auf diesem sind fünf Rosshaarsaiten angebracht. Die ursprünglichen fünf Saiten wurden im Lauf der Zeit auf bis zu dreiundzwanzig Saiten erweitert. Moderne Kantelen haben bis zu sechsunddreißig Drahtsaiten, die während des Spiels mit Hilfe eines Hebelsystems um einen Halbton höher

oder tiefer gestimmt werden können. Das Instrument wird – ähnlich wie die alpenländische Zither – auf dem Schoß oder auf einem kleinen Tisch liegend mit den Fingern gespielt. Inzwischen ist auch eine elektrische Kantele in Finnland entwickelt worden.

 

Weiße Orchidee des Nordens (LESEPROBE aus: "Zwischen Weißem Meer und Baikalsee")

„Morgen für Morgen weckt mich das Pochen eines Eispickels und das Scheppern einer Schneeschaufel. Beim ersten Mal schaute ich zur Uhr, es war halb fünf.

 

 

Die Solowezki-Inseln im Nordosten Kareliens, etwa 290 Kilometer nordwestlich von Archangelsk, an der Öffnung der Onega-Bucht zum Weißen Meer gelegen - mit ihren Geschichts- und Kulturdenkmälern– von uns, aus Zeitgründen leider auch nicht aufgesucht –

ist der nördlichste Vorposten des orthodoxen Glaubens. 1923 hatte Stalin die Gebäude der Klosternlagen in ein Straflager, das erste der berüchtigten Gulags, umwandeln lassen. Das ausgeklügelte Kanalsystem diente nun  als Transportweg für Zwangsarbeiter, die in Kloster und Kirchengebäuden eingesperrt wurden. Bis 1939 diente dieser Prototyp des Todes als Verbannungsort für Zehntausende tatsächlicher oder

vermeintlicher Regimegegner. Die Geschichte dieses Lagers wurde durch den weltbekannten Roman Archipel Gulag“ des berühmten russischen Schriftstellers, Dissidenten und Historikers Alexander Solschenizyn bekannt. Seit 1990 gibt es auf der Hauptinsel wieder eine kleine Gemeinde von Mönchen, und viele der Bauten wurden inzwischen restauriert. Seit 1992 sind die Solowezki-Inseln Weltkulturerbe.

 

Seefisch per Schlitten (LESEPROBE aus: "Zwischen Weißem Meer und Baikalsee")

„Kareliens landwirtschaftliche Nutzfläche beträgt ganze drei Prozent, man baut frostbeständige Sorten Kartoffeln an, Kohl und Rüben; Getreide gedeiht bei Bahnen:

 

 

Als ich am 1. April 1981 in der Zeitung las, dass in Karelien mit ohrenbetäubendem

Getöse der Sjamsee verschwunden ist, dachte ich erst einmal an einen Aprilscherz. Denn genau auf diesem See waren wir drei Jahre

zuvor mit zwei Pferdeschlitten zum Fischen gefahren. Später stellten Wissenschaftler fest, dass das fünfhundert Hektar große Gewässer einen doppelten Boden gehabt hatte. Das Wasser des Sees war in eine trichterförmige Karsthöhle gelaufen – Gott sei Dank ohne uns.

 

Kostspieliges Liebesleben (LESEPROBE aus: "Zwischen Weißem Meer und Baikalsee")

„Die Pelztierzucht – zwanzig spezialisierte Sowchosen – ist neuzeitlicher Erwerbszweig der Karelier. Als wir im karelischen Sowchos `Louchski´ eintreffen, schärft n

 

 

Das Zitat Der beliebte russische Schriftsteller Konstantin Paustowski (1892 bis 1968) schrieb in seinen Erinnerungen an Karelien: „Ich sah viele Seen von zinnfarbenem Wasser, atmete den Duft der Baumrinde, der ganz Karelien durchdringt, hörte eine alte

Märchenerzählerin von jenseits des Onegasees, deren Lieder aus nördlicher Nacht und nördlichem Frauenschmerz geboren sind, sah unser Florenz aus Holz – Kirchen und Klöster. Die Fahrt auf dem Onegasee: Noch immer kann ich den Eindruck nicht loswerden, dass er

verwünscht ist und aus jenen Zeiten stammt, da urwüchsige Stille noch von keiner Pulverexplosion gestört wurde. Keinen Augenblick verließ mich das sinnliche Spüren dieses in fließendes Nordlicht getauchten Landes.“

 

Braunbär gibt Pfötchen (LESEPROBE aus: "Zwischen Weißem Meer und Baikalsee")

„Bei seinem zweiten Karelienaufenthalt Anfang der dreißiger Jahre fand Michail Prischwin das ehemals ungestörte Reich der Vögel vielerorts völlig verwandelt vor.

Ungestörtes Tierparadies ist der karelische Naturschutzpark `Kiwatsch´. Er ist einschließlich der Schutzzone mehr als 16 000 Hektar groß. Über den gleichnamigen Wasserfall erzählt eine Legende:

Eine Quelle hatte zwei Töchter – die Flüsse Suna und Schuja. Als die Töchter herangewachsen waren, beschlossen sie, sich würdige Bräutigame zu suchen. Lange flossen sie suchend nebeneinander her. Eines Morgens erwachte Suna und sah, dass die listige Schuja fort war. Zornig sprang sie auf, doch riesige Felsen versperrten ihr den Weg. Da raffte sie ihre letzten Kräfte zusammen und stürzte sich von den hohen zerklüfteten Felsen, ohne Schuja zu finden. An der Stelle aber, wo sich die schöne Suna von dem steinernen Vorsprung gestürzt hatte, bildete sich der malerisch schöne Wasserfall Kiwatsch. Uns zeigt er sich als schneebedeckter Eisberg.

Wir erinnern uns an Burjatiens `Bargusin´, an Adygiens `Guseripl´. 1980 verfügte die Sowjetunion über einhundertvierzig Naturschutzgebiete. Seit 1917 wurden

 

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Die Buchautorin Gisela Reller mit Mischka und dem Jäger Abakumow.

(Foto: Heinz Krüger)

 

 

Gerade als Nikolai Alexandrowitsch Abakumow erzählt, dass man Mischka bald weggeben müsse, weil er zu gefährlich geworden sei, glaube ich meinen Augen  

Die Ladoga-Ringelrobbe und die Saimaa-Ringelrobbe sind Unterarten der Ringelrobbe, die nur im Süßwasser vorkommen.

Mit einem Bestand von nur etwa 260 Tieren gehört die Saimaa-Ringelrobbe zu den bedrohtesten Robben weltweit. Die Saimaa-Ringelrobbe ist die dunkelste aller Ringelrobben. Es wird geschätzt, dass es bereits 1893 weniger als

tausend Saimaa-Ringelrobben gab, wobei genaue Zahlen nicht bekannt sind. Ein großer Schwund war vor allem während der 1950er Jahre zu beobachten, als die Robbe als Schädling gejagt wurde, weshalb man sie 1955 unter Schutz stellte. Dennoch sanken die Bestandszahlen durch

moderne Fischfangmethoden und Umweltgifte wie Quecksilber weiterhin, weshalb weitere Regulationen zum Schutz des Tiers erlassen wurden. - Die Ladoga-Ringelrobben sind vor allem gefährdet durch Gifteinleitungen und

Fischernetze, in denen sie sich immer wieder verfangen. Seit den 1980er Jahren stehen auch sie

unter uneingeschränktem Schutz, doch da die ansässigen Binnenfischer die Robben als Konkurrenten beim Fischfang ansehen,

gibt es eine Dunkelziffer illegaler Tötungen. Trotzdem leben inzwischen wieder fünftausend Ringelrobben im Ladogasee.

  

„Erleuchtete“ Leuchtbuchstaben (LESEPROBE aus: "Zwischen Weißem Meer und Baikalsee")

„Die Burjaten haben ihr Nationalepos `Gässer´, die Adygen ihr `Nartenepos´, die Karelier ihr `Kalevala´. Die Namen der Helden führt jeder Burjate, Adyge, Elias Lönnrot machte aus den vielen Einzelgesängen – die er von den verschiedenen Sängern in unterschiedlichen Varianten hörte – ein einheitliches Ganzes.

Die zentralen Gestalten des “Kalevala“ sind im Unterschied zu anderen Heldenepen der Weltliteratur nicht im Milieu von Königen, Fürsten und Rittern angesiedelt, sondern begegnen uns als Fischer, Jäger, Bauern, Schmiede; Hauptheld ist der weise Sänger und Zauberer Väinämöinen. Eine der Handlungslinien besingt den Kampf um die Mühle Sampo:

Auf dem Boden seiner Esse: / Sah den Sampo schon entstehen, / Sah den bunten Deckel wachsen. / Schmiedet mit behänden Schlägen, / Klopfet mit gar kräft´gem Hammer, / Schmiedet kunstgerecht den Sampo, / Dass er Mehl auf einer Seite, / auf der andern Salz er mahlet, / auf der dritten Geld in Fülle, / Mahlet nun der neue Sampo, / Schaukelt schon der bunte Deckel, / Mahlt ein Maß bei Tagesanbruch, / Mahlt ein Maß, dass man es esse, / Mahlt ein zweites zum Verkaufen, / Mahlt ein drittes zum Verwahren. //

Die Runen zeigen den Kampf des Volkes gegen Louhi, die böse Herrin des Nordlandes. Der wunderbare Sänger Väinämöinen, der kunstreiche Schmied Ilmarinen und der lustige Lemminkäinen besiegen Louhi und schenken dem leidgeprüften Volk Licht und Güte, Freiheit und Überfluss. Es stimmt mit der Lebensweisheit dieser einfachen Menschen überein, dass Kriegszüge und Kampfgetöse keine sehr große Rolle spielen. Nur den verwegenen Lemminkäinen gelüstet es nach kriegerischen Abenteuern. Im Epos ist dies ganz und gar keine positive Eigenschaft. Seine Braut sagt zu ihm:

So beschwör mit ew´gem Eide, / Dass du nimmer ziehst zum Kriege, / Wenn nach Golde dich gelüstet.//

In über zwanzig Jahren sammelte Lönnrot seine Verse. Es war wahrlich keine unbeschwerte Zeit für ihn. So half er, der Arzt Lönnrot, während jener Jahre in

 

 

Das Kalevala-Epos, von Elias Lönnrot (1802 bis 1884) mit dem Untertitel versehen „Alte karelische Lieder aus den Frühzeiten des finnischen Volkes“, erschien das erste Mal 1835. Der 150. Jahrestag des Erscheinens wurde 1985 mit

rund eintausend Veranstaltungen in Finnland und Karelien begangen. Über einhundertdreißig wissenschaftliche Publikationen waren dem

Wirken Elias Lönnrot gewidmet und: Ein Seminar beschäftigte sich – mit Wissenschaftlern aus Finnland und der DDR – mit dem Einfluss der Gebrüder Grimm auf die Kalevala-Dichtung.

 

Sandsack und Maisbirne (LESEPROBE aus: "Zwischen Weißem Meer und Baikalsee")

„Fast hundert Jahre schrieb man über das Boxen. `…eine Art Faustkampf, der zu den nationalen Eigentümlichkeiten Englands gehört…` Oder: `Diese Wettkämpfe

 

 

Im Internet entdeckte ich unter Söhne und Töchter“ der Stadt Petrosawodsk

einen Komponisten, einen Mathematiker, eine Turnerin, drei Biathleten und einen Eishockeyspieler –

keinen einzigen Boxer.

 

Steinzeitkino auf der „Teufelsnase“ (LESEPROBE aus: "Zwischen Weißem Meer und Baikalsee")

„Das Historisch-Landeskundliche Museum von Petrosawodsk ist wahrhaftig ein interessant und liebevoll eingerichteter Musentempel. Trotzdem überfällt mich Weinert in der DDR herausgegeben wurden.

 

 

(2 Zeichnungen)

 

 

 

„Der Minnetraum“ - des romantischen Heinrich Vogeler.

 

 

 

„Die Hauptanlage der Papierfabrik in Kondopoga“ – des realistischen Heinrich Vogeler.

 

 

Die Entwicklung des Malers Heinrich Vogeler vom Bremer Bürgersohn zum proletarisch-revolutionären Künstler, vom enttäuschten Romantiker zum Revolutionär,

 

 

Wer kennt ihn nicht, den Leibnitz-Butterkeks von Bahlsen mit den 52 Zähnen ringsum? Aber wer weiß,

dass die Idee zu diesen „Zähnen“ von Heinrich Vogeler stammt? (Bahlsen nannte 1892 seine Kekse nach dem langjährigen

hannoverschen Hofbibliothekar und Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz.) Ein besonderes Element der

Werbung der Firma Bahlsen bildeten die künstlerischen Reklamemarken, die von Bahlsen in den Jahren 1912 bis 1914

herausgegeben wurden. Es gab insgesamt acht Serien von Künstlermarken, die von verschiedenen Künstlern, u. a. von

Heinrich Vogeler, gestaltet wurden.

 

 

Als mein Völkerschafts-Beitrag KARELIEN innerhalb der Völkerschaftsserie der FREIEN WELT auf 18 Zeitungsseiten

in der Nummer 24/1978 erschien, erhielten wir wie immer viele Leserbriefe. Karoline Dobberke aus

Görlitz war eine von 157 Lesern, die mehr wissen wollten über den Maler Heinrich Vogeler.

Ich stellte für diese Leser einen Lebenslauf des Jugendstilmalers, der in der Künstlerkolonie Worpswede lebte und 1931 in die Sowjetunion ging, zusammen:

Auf einen Blick:

„Ein seltsamer und außergewöhnlicher Lebensweg…“ Erich Weinert

 

1872 am 12. Dezember in Bremen geboren.

1890-1893 Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie.

1894 Übersiedlung nach Worpswede.

1898 Reise nach Florenz. Freundschaft mit Rainer Maria Rilke.

1901-1907 Reisen nach Amsterdam, Paris, Italien, Ceylon, Łódž. Bevorzugt Gorki-Lektüre.

1909 Reise nach England zum Studium moderner Arbeitersiedlungen.

1914 Kriegsfreiwilliger bei den Dragonern.

1915-1917 Militärische Aufträge als Zeichner in Polen, Rumänien und Russland.

1918 Im Januar Brief an den Kaiser, spricht sich gegen den Krieg aus. Mehrwöchige Internierung. Entlassung aus dem Heer. Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrats. Sein Worpsweder Barkenhoff wird Schulungsstätte für Revolutionäre.

1918-1923 Zahlreiche Agitationsschriften und Vorträge.

1919 Mitbegründer der „Gemeinschaft für sozialen Frieden“ und der „Allgemeinen Arbeiter-Union Deutschlands“. Gründung der Arbeitskommune und –schule Barkenhoff. Vorübergehend in Haft.

1920 Beginn der Freskenmalerei auf dem Barkenhoff.

1923 Scheitern der Kommune Barkenhoff. Übergabe des Hofs an die „Rote Hilfe Deutschlands“, deren Vorstand Heinrich Vogeler angehört, als Erholungsheim für Kinder politisch Verfolgter. Mitglied der KPD. Im Juni mit seiner (zweiten) Frau Sonja (Zofia) Marchleswka, der Tochter des polnischen Sozialisten- und Arbeiterführers Julian Marchlewski, Reise in die Sowjetunion.

1925 Vortragsreisen über die Sowjetunion in Deutschland.

1926-1927 Zweite Sowjetunionreise im Auftrag der „Roten Hilfe“. Rückkehr nach Deutschland wegen der Angriffe gegen seine Barkenhoff-Fresken.

1928 Mitbegründer der „Assoziation revolutionärer Bildender Künstler Deutschlands“ (ASSO).

1929-1931 Zeichner in einem Berliner Architekturbüro.

1931 Übersiedlung in die Sowjetunion. Mitarbeit an einem sowjetischen Standardisierungsprogramm der ländlichen Bauwirtschaft. Arbeiten für die „Internationale Rote Hilfe“ und für das Ethnographische Museum in Petrosawodsk, der Hauptstadt der KARELISCHEN ASSR.

1934-1941 Zahlreiche Studienreisen durch die Sowjetunion, nach KARELIEN, Mittelasien, Aserbaidshan. In KARELIEN schuf er u. a. eine große Kollektion von Aquarellen und Zeichnungen aus dem Leben der Holzfäller.

1935 Erste Einzelausstellung in Moskau.

1937-1938 Puppen für Marionettenspiele des Staatlichen Kolchostheaters in Odessa.

1941 Zweite Einzelausstellung in Moskau, von Wilhelm Pieck eröffnet. Im Herbst Evakuierung in die Kaschachische SSR.

1942 Am 14. Juni in Kasachstan gestorben.

 

Nachdem ich viele Bücher von und über Heinrich Vogeler (u. a. Heinrich Vogeler, Erinnerungen, herausgegeben von

Erich Weinert; Heinrich Vogeler, Die Geburt des neuen Menschen und einem Nachwort des Sohnes Jan Vogeler,

von Vogelers Frau Zofia Marchlewska, Eine Welle im Meer, Erinnerungen an Heinrich Vogeler und

Zeitgenossen gelesen hatte, war ich so fasziniert von seinem Lebensweg vom „Märchenprinzen zum Revolutionär“,

dass auch ich beschloss, ein Buch über ihn zu schreiben. 1987 arbeitete ich vier Wochen als

Austauschredakteur bei der deutschsprachigen Zeitung „Freundschaft“ in Alma-Ata und nutzte die Gelegenheit,

mehr über Heinrich Vogelers Tod zu erfahren. Meine zweiteilige Beitragsfolge erschien am        in der Zeitung „Freundschaft“.

(Ich veröffentliche sie nun erneut bei dem Volk der Kasachen, wo Vogeler starb.) Ich wies in meiner umfänglichen Reportage

nach, dass Heinrich Vogeler in Kasachstan verhungert war! Als ich nach meinem Arbeitsaufenthalt n

ach Berlin und in meine Redaktion zurückkam, erwartete mich wegen dieses Beitrages eine Menge

Ärger, denn Perestroika und Glasnost waren in Berlin noch nicht angekommen… 1988 hatte sich meine

russische Freundin Raissa Netschajewa (die im Moskauer Büro der FREIEN WELT arbeitete) darum

bemüht, ein Treffen mit dem in Moskau lebenden Sohn Heinrich Vogelers, Jan Vogeler, zu arrangieren. Es kam

auch zu einem Telefonat, aber an einem Treffen mit einer DDR-Journalistin war er nicht interessiert! 1

988 konnte ich den Berliner Verlag „Neues Leben“ von meinem Buch-Vorhaben überzeugen und nach

einigen Vorstößen endlich gelang es dem Verlag 1989, für mich eine Reise ins westliche Worpswede

genehmigt zu bekommen. Ich kam gerade rechtzeitig zurück, um am 4. November auf dem

Alexanderplatz an der Großen Demonstration teilzunehmen. Doch mein Buchprojekt starb 1991 - wieder einmal wendegeschuldet.

 

 

… und es ward Licht (LESEPROBE aus: "Zwischen Weißem Meer und Baikalsee")

 

„Im Herbst 1920 kam der englische Schriftsteller Herbert George Wells (1866 bis 1946) nach Moskau. Er unternahm eine Reise ins Land und sah überall Hunger,

parom´, so antworte genauso. Dieser Schwitzbadgruß wünscht dir angenehme Dämpfe.

 

 

Wer hatte sich das zu Sowjetzeiten vorstellen können? Am 30. August 2006 lieferten sich in Kondopoga Tschetschenen mit Gästen des Restaurants „Tschaika“ („Möwe“) eine heftige Schlägerei, in deren Verlauf zwei Einheimische ums

Leben kamen. Der Tod der beiden karelischen Bürger löste in Kondopoga Massenunruhen aus, die sich in Pogrome gegen Geschäfte und Kioske von Kaukasiern auswuchsen. Die etwa sechzig Personen zählende tschetschenische Gemeinde verließ fluchtartig die Stadt.

  

 

Nach-Karelisches (LESEPROBE aus: "Zwischen Weißem Meer und Baikalsee")

 

„Karelien hat eine jahrhundertealte Klagelied-Tradition. Kein Mädchen wurde verheiratet, kein Rekrut eingezogen, kein Verwandter oder Freund zu Grabe

Obwohl die Klagelieder allerorten unantastbar waren, fand ich das karelische Märchen Der Bär als Klageweib – neuerlicher Beweis für die Verwegenheit des Volkswitzes:

*

Es waren einmal ein Mann und eine Frau. Eines Tages starb dem Alten die Frau. Denkt der Alte: Was nun zuerst – das Grab graben, den Popen holen oder ein Klageweib suchen. Geh ich erst einmal nach einem Klageweib! Und macht sich auf den Weg.

Wie er so geht, kommt ihm ein Hase entgegen. Fragt der Hase: `Wohin des Wegs?´ - `Ein Klageweib suchen.´ - Sagt der Hase: `Nimm mich!`- `Kannst du auch richtig klagen?´ fragt der Bauer. - `Ja, freilich.´ -`Na, versuch´s mal!´ - Und der Hase: `Lu-lu lu-lu-lu…´`Nein, das ist nichts, scher dich fort.´

Geht der Alte weiter, kommt ihm ein Fuchs entgegen. `Wohin des Wegs, Bäuerlein?´- `Ein Klageweib suchen.´- `Nimm mich!´ - `Kannst du denn klagen?´ - `Aber gewiss doch!´ - `Versuch´s mal!´- Hebt der Fuchs an zu klagen: `Ruj-raj, rij-raj, rij-raj…`- ´Das taugt nichts, geh deines Wegs!´

Geht der Alte weiter, kommt ihm ein Bär entgegen. `Wohin gehst du?´- `Ein Klageweib suchen.´- `Nimm mich!´- `Ja, kannst du´s denn?´- Da beginnt die Bärin zu klagen: `Ach du armer, armer Alter, deine Alte ist gestorben, wer wird dir jetzt Kuchen backen, wer wird ihm mit Butter schmieren, wer wird jetzt ein Hemd dir nähen?´- `Komm mit. Du kannst es wirklich!´ sagt der Alte.

Bringt er die Bärin ins Haus, die Alte zu beklagen, selbst aber fährt er nach dem Popen. Während er fort ist, verschling die hinterhältige Bärin die Alte.

Wie der Alte mit dem Popen kommt, ist keine Alte mehr da. Da nun endlich beschließt der Mann, seine Frau selbst zu beklagen.

 (Aus dem Russischen übersetzt von Johann Warkentin)

*

Die Märchen-Bärin allerdings kennt sich recht oberflächlich mit den Gesetzen der karelischen Klagelieder aus, sonst würde sie nicht so ungezwungen von der

 

 

Der Wasserfall Kiwatsch“ ist ein mächtiger zweistufiger Wasserfall. Er ist der

zweithöchste Wasserfall Europas – nur der Rheinfall ist höher. Der größte russische Dichter vor Alexander Puschkin,

Gawriil Dershawin, schrieb, dass einem der „Kiwatsch“ „einen angenehmen Schrecken einflösst“. Der

berühmteste Besucher des Wasserfalls war Alexander II. Vor seinem Besuch wurde für ihn ein befestigter Weg zum „Kiwatsch“ angelegt

und eine Brücke über die Suna gebaut.

 

 

Elias Lönnrot hat auch Rätsel gesammelt. Interessant für die

Wissenschaft der ersten Hälfte des

19. Jahrhunderts war der Gedanke Lönnrots zur

Verwandtschaft der kerelofinnischen und

der russischen Rätsel. Die karelofinnischen Märchen, schreibt er, seien den russischen Rätseln

Von Johann Warkentin aus dem Russischen übersetzte 25 karelische Rätsel, von

denen wir nur einige wenige in der FREIEN WELT veröffentlicht haben.

(Unveröffentlicht)

Kielober voll, kielunter leer… (der Hut)

Männlein in der Erde, Haare im Wind. (die Runkelrübe)

Rund, aber kein Mond, grün, aber keine Kiefer (die Rübe)

 * Im Norden wurden die Kirchen achteckig gebaut.

 

(Streifenornament)

 

Die Rechtschreibung aller Auszüge wurde behutsam der letzten

Rechtschreibreform angepasst.

 *

 

 

Rezensionen und Literaturhinweise zu den Themen "Die KARELIER, das ´Kalevala´-Epos und Heinrich Vogeler":

 

 

Rezension zum Thema "Die KARELIER"  in meiner Webseite www.reller-rezensionen.de

 

* Edeltraud Maier-Lutz, Flußkreuzfahrten in Rußland, Unterweg auf Wolga, Don, Jenissej und Lena, Trescher-Reihe Reisen, herausgegeben von Sabine Fach und Bernd Schwenkros, mit zahlreichen Schwarz-Weiß-Aufnahmen, Trescher Verlag, 4. Auflage, Berlin 2002.

 

 

Literaturhinweise zu den Themen "Die KARELIER, das ´Kalevala´-Epos und Heinrich Vogeler":

 

 * Die Geschichte von Kullerwo, Sechs Lieder aus dem „Kalewala, Insel-Bücherei Nr. 695, übertragen und herausgegeben von Gisbert Jänicke, Insel-Verlag, Leipzig 1985.

Dieser Liederzyklus „Kalewala“ („Kalevala“) ist so alt wie die Edda. „Ihre Themen“, schreibt Gisbert Jänicke in seinem Nachwort, sind manchmal ähnlich, meist jedoch friedlicherer Natur.“ Der Held ist Väinämöinen, der Schöpfer des Gesangs und des Zupfinstruments Kantele, der oft und gerne mit Apoll, dem Musengott der Griechen, verglichen wird.

(Streifenornament)

Pressezitate (Auswahl) zu Gisela Rellers Buchveröffentlichungen:

Dieter Wende in der „Wochenpost“ Nr. 15/1985:

„Es ist schon eigenartig, wenn man in der Wüste Kysyl-Kum von einem Kamelzüchter gefragt wird: `Kennen Sie Gisela Reller?´ Es ist schwer, dieser Autorin in entlegenen sowjetischen Regionen zuvorzukommen. Diesmal nun legt sie mit ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik Berichte aus Kalmykien, Tuwa und von der Insel Sachalin vor. Liebevolle und sehr detailgetreue Berichte auch vom Schicksal kleiner Völker. Die ethnografisch erfahrene Journalistin serviert Besonderes. Ihre Erzählungen vermitteln auch Hintergründe über die Verfehlungen bei der Lösung des Nationalitätenproblems.“

Neue Zeit vom 18. April 1983:

„In ihrer biographischen Skizze über den polnischen Pater Maksymilian Kolbe schreibt Gisela Reller (2. Auflage 1983) mit Sachkenntnis und Engagement über das Leben und Sterben dieses außergewöhnlichen Paters, der für den Familienvater Franciszek Gajowniczek freiwillig in den Hungerbunker von Auschwitz ging.“

 Messe-Börsenblatt, Frühjahr 1989:

"Die Autorin – langjährige erfolgreiche Reporterin der FREIEN WELT - ist bekannt geworden durch ihre Bücher Zwischen Weißem Meer und Baikalsee und Diesseits und jenseits des Polarkreises. Diesmal schreibt die intime Kennerin der Sowjetunion in ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik über die Kalmyken, Tuwiner und die Bewohner von Sachalin, also wieder über Nationalitäten und Völkerschaften. Ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wird uns in fesselnden Erlebnisberichten nahegebracht."

 Neues Deutschland vom 15./16. März 1986:

"Vor allem der an Geschichte, Bräuchen, Nationalliteratur und Volkskunst interessierte Leser wird manches bisher `Ungehörte´ finden. Er erfährt, warum im Kaukasus noch heute viele Frauen ein Leben lang Schwarz tragen und was es mit dem `Ossetenbräu´ auf sich hat, weshalb noch 1978 in Nukus ein Eisenbahnzug Aufsehen erregte und dass vor Jahrhunderten um den Aralsee fruchtbares Kulturland war, dass die Tschuktschen vier Begriff für `Freundschaft´, aber kein Wort für Krieg besitzen und was ein Parteisekretär in Anadyr als notwendigen Komfort, was als entbehrlichen Luxus ansieht. Großes Lob verdient der Verlag für die großzügige Ausstattung von Diesseits und jenseits des Polarkreises.“

(Foto)

 

 

 

Gisela Reller während einer ihrer über achthundert Buchlesungen

in der Zeit von 1981 bis 1991.

 

 

Berliner Zeitung vom 2./3. Januar 1988:

„Gisela Reller hat klassisch-deutsche und DDR-Literatur auf Liebeserfahrungen durchforscht und ist in ihrem Buch 666 und sex mal Liebe 666 und sex mal fündig geworden. Sexisch illustriert, hat der Mitteldeutsche Verlag Halle alles zu einem hübschen Bändchen zusammengefügt.“

Neue Berliner Illustrierte (NBI) Nr. 7/88:

„Zu dem wohl jeden bewegenden Thema finden sich auf 198 Seiten 666 und sex mal Liebe mannigfache Gedanken von Literaten, die heute unter uns leben, sowie von Persönlichkeiten, die sich vor mehreren Jahrhunderten dazu äußerten.“

 

(Illustration) 

Schutzumschlag zum „Buch 666 und sex mal Liebe“

(Zeichnung: Egbert Herfurth)

 

Der Morgen vom 7. Februar 1984:

„`Reize lieber einen Bären als einen Mann aus den Bergen´. Durch die Sprüche des Kaukasischen Spruchbeutels weht der raue Wind des Kaukasus. Der Spruchbeutel erzählt auch von Mentalitäten, Eigensinnigkeiten und Bräuchen der Adygen, Osseten und Dagestaner. Die Achtung vor den Alten, die schwere Stellung der Frau, das lebensnotwendige Verhältnis zu den Tieren. Gisela Reller hat klug ausgewählt.“

(Foto)

 

1985 auf dem Solidaritätsbasar auf dem Berliner Alexanderplatz: Gisela Reller (vorne links) verkauft ihren „Kaukasischen Spruchbeutel“ und 1986 das extra für den Solibasar von ihr herausgegebene Sprichwörterbuch „Dein Freund ist Dein Spiegel“.
(Foto: Alfred Paszkowiak)

 

Sowjetliteratur (Moskau)Nr. 9/1982:

 "(...) Das ist eine lebendige, lockere Erzählung über das Gesehene und Erlebte, verflochten mit dem reichhaltigen, aber sehr geschickt und unaufdringlich dargebotenen Tatsachenmaterial. (...) Allerdings verstehe ich sehr gut, wie viel Gisela Reller vor jeder ihrer Reisen nachgelesen hat und wie viel Zeit nach der Rückkehr die Bearbeitung des gesammelten Materials erforderte. Zugleich ist es ihr aber gelungen, die Frische des ersten `Blickes´ zu bewahren und dem Leser packend das Gesehene und Erlebte mitzuteilen. (...) Es ist ziemlich lehrreich - ich verwende bewusst dieses Wort: Vieles, was wir im eigenen Lande als selbstverständlich aufnehmen, woran wir uns ja gewöhnt haben und was sich unserer Aufmerksamkeit oft entzieht, eröffnet sich für einen Ausländer, sei es auch als Reisender, der wiederholt in unserem Lande weilt, sozusagen in neuen Aspekten, in neuen Farben und besitzt einen besonderen Wert. (...) Mir gefällt ganz besonders, wie gekonnt sich die Autorin an literarischen Quellen, an die Folklore wendet, wie sie in den Text ihres Buches Gedichte russischer Klassiker und auch wenig bekannter nationaler Autoren, Zitate aus literarischen Werken, Märchen, Anekdoten, selbst Witze einfügt. Ein treffender während der Reise gehörter Witz oder Trinkspruch verleihen dem Text eine besondere Würze. (...) Doch das Wichtigste im Buch Zwischen Weißem Meer und Baikalsee sind die Menschen, mit denen Gisela Reller auf ihren Reisen zusammenkam. Unterschiedlich im Alter und Beruf, verschieden ihrem Charakter und Bildungsgrad nach sind diese Menschen, aber über sie alle vermag die Autorin kurz und treffend mit Interesse und Sympathie zu berichten. (...)"

Im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel schrieb ich in der Ausgabe 49 vom 7. Dezember 1982 unter der Überschrift „Was für ein Gefühl, wenn Zuhörer Schlange stehen“:

„Zu den diesjährigen Tagen des sowjetischen Buches habe ich mit dem Buch Zwischen Weißem Meer und Baikalsee mehr als zwanzig Lesungen bestritten. (…) Ich las vor einem Kreis von vier Personen (in Klosterfelde) und vor 75 Mitgliedern einer DSF-Gruppe in Finow; meine jüngsten Zuhörer waren Blumberger Schüler einer 4. Klasse, meine älteste Zuhörerin (im Schwedter Alten- und Pflegeheim) fast 80 Jahre alt. Ich las z.B. im Walzwerk Finow, im Halbleiterwerk Frankfurt/Oder, im Petrolchemischen Kombinat Schwedt; vor KIM-Eiersortierern in Mehrow, vor LPG-Bauern in Hermersdorf, Obersdorf und Bollersdorf; vor zukünftigen Offizieren in Zschopau; vor Forstlehrlingen in Waldfrieden; vor Lehrlingen für Getreidewirtschaft in Kamenz, vor Schülern einer 7., 8. und 10 Klasse in Bernau, Schönow und Berlin; vor Pädagogen in Berlin, Wandlitz, Eberswalde. - Ich weiß nicht, was mir mehr Spaß gemacht hat, für eine 10. Klasse eine Geographiestunde über die Sowjetunion einmal ganz anders zu gestalten oder Lehrern zu beweisen, dass nicht einmal sie alles über die Sowjetunion wissen – was bei meiner Thematik – `Die kleinen sowjetischen Völkerschaften!´ – gar nicht schwer zu machen ist. Wer schon kennt sich aus mit Awaren und Adsharen, Ewenken und Ewenen, Oroken und Orotschen, mit Alëuten, Tabassaranern, Korjaken, Itelmenen, Kareliern… Vielleicht habe ich es leichter, Zugang zu finden als mancher Autor, der `nur´ sein Buch oder Manuskript im Reisegepäck hat. Ich nämlich schleppe zum `Anfüttern´ stets ein vollgepacktes Köfferchen mit, darin von der Tschuktschenhalbinsel ein echter Walrosselfenbein-Stoßzahn, Karelische Birke, burjatischer Halbedelstein, jakutische Rentierfellbilder, eskimoische Kettenanhänger aus Robbenfell, einen adygeischen Dolch, eine karakalpakische Tjubetejka, der Zahn eines Grauwals, den wir als FREIE WELT-Reporter mit harpuniert haben… - Schön, wenn alles das ganz aufmerksam betrachtet und behutsam befühlt wird und dadurch aufschließt für die nächste Leseprobe. Schön auch, wenn man schichtmüde Männer nach der Veranstaltung sagen hört: `Mensch, die Sowjetunion ist ja interessanter, als ich gedacht habe.´ Oder: `Die haben ja in den fünfundsechzig Jahren mit den `wilden´ Tschuktschen ein richtiges Wunder vollbracht.´ Besonders schön, wenn es gelingt, das `Sowjetische Wunder´ auch denjenigen nahezubringen, die zunächst nur aus Kollektivgeist mit ihrer Brigade mitgegangen sind. Und: Was für ein Gefühl, nach der Lesung Menschen Schlange stehen zu sehen, um sich für das einzige Bibliotheksbuch vormerken zu lassen. (Schade, wenn man Kauflustigen sagen muss, dass das Buch bereits vergriffen ist.) – Dank sei allen gesagt, die sich um das zustande kommen von Buchlesungen mühen – den Gewerkschaftsbibliothekaren der Betriebe, den Stadt- und Kreisbibliothekaren, den Buchhändlern, die oft aufgeregter sind als der Autor, in Sorge, `dass auch ja alles klappt´. – Für mich hat es `geklappt´, wenn ich Informationen und Unterhaltung gegeben habe und Anregungen für mein nächstes Buch mitnehmen konnte.“

Die ISCHOREN wurden                2013 ins Netz gestellt. Die letzte Bearbeitung erfolgte am           2013.

 

Die Weiterverwertung der hier veröffentlichten Texte, Übersetzungen, Nachdichtungen, Fotos, Zeichnungen, Illustrationen... ist nur mit korrekter Namensangabe des jeweils genannten geistigen Urhebers gestattet.

 

(Püppchenstreifen)

 


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